Ein bemerkenswerter Artikel beim britischen Vorbild des Spiegels, dem Guardian, bietet Anlass, auf § 136a StPO hinzuweisen. Das „a“ zeigt, dass diese Norm nachträglich eingeführt wurde, denn die heutige StPO stammt im Wesentlichen aus dem Jahre 1879, was zeigt, wie modern diese Normen bereits damals waren. Natürlich konnte man bei Einführung der StPO noch nicht wissen, wie die Nazis damit umgehen. § 136a StPO ist die Konsequenz aus den Vernehmungsmethoden der Gestapo. So lautet zumindest die übliche Narrative.

Vielleicht hatte man dabei aber auch die Verhörmethoden der Briten im Auge, die im sog. „London Cage“ und im Verhörzentrum in Bad Nennendorf zum Einsatz kamen, oder möglicherweise die Behandlung, die Gefangene im berühmt berüchtigten Camp King in Oberursel durch die sog. „Rough Boys“ bis in die 50er Jahre über sich ergehen lassen mussten. Zumindest ist gesichert, dass die damalige Bundesregierung Kenntnis von der Anwendung illegaler Verhörmethoden hatte. Was zunächst wie ein handfester Skandal klingen mag, relativiert sich jedoch sehr schnell, wenn man sich vor Augen führt, dass das Geschehen in Guantanamo, aber auch an anderen Orten, wie z.B. in Polen, seit Jahren bekannt ist. Es schauen lediglich alle weg, weil Amerikaner entweder keine Menschenrechtsverletzungen begehen können, oder weil alle Angst davor haben, bei den „Freunden und Partnern“ in Ungnade zu fallen.

 

Exkurs: Weil es thematisch passt, möchte ich an dieser Stelle auch noch den Fall Gäfgen erwähnen. Dort wurde dem Tatverdächtigen Folter angedroht. Ein Gerücht besagt, dass sich der Polizeipräsident im Vorfeld juristisch beraten ließ. Ein damaliger Mitarbeiter der Staatsanwalt soll mittlerweile Professor für Strafrecht sein. Einen interessanten Artikel zu diesem Fall gibt es in der LTO. Der Experte, ein Frankfurter Strafrechtsprofessor, wiederholt dabei die Einschätzung des EGMR, dass der Tatverdächtige zwar hart, aber fair behandelt worden sei. Das heißt im Ergebnis nichts anderes, als dass die damalige juristische Bewertung der Maßnahme zutreffend war. Gehen wir bezüglich der Androhung von Folter einfach mal den Katalog des § 136a StPO durch:

  • Mißhandlung (-)
  • Ermüdung (-)
  • körperlicher Eingriff (-)
  • Verabreichung von Mitteln (-)
  • Quälerei (-)
  • Täuschung (-), denn man hatte die Folter angeblich beabsichtigt
  • Hypnose (-)

Das ist Jura!

Weil es entlarvend ist, möchte ich ein weiteres Beispiel für „kreative Rechtsanwendung“ anführen, das Mienensuchen nach Ende des 2. Weltkriegs. Nach der Genfer Konvention war es verboten, Kriegsgefangene bei lebensgefährlichen Arbeiten einzusetzen. Deshalb wurde von den Westalliierten eigens der Status der deutschen Gefangenen geändert. Für die Dauer des Mienenräumens waren sie keine „Kriegsgefangenen“ mehr, sondern lediglich „Internierte“.