Ein bemerkenswerter Fall, der die Frage, „wem es nütze“ (cui bono), mit dem menschlichen Einfluss auf das Wetter und dem strafrechtlichen Beweisrecht kombiniert, ereignete sich im Jahre 1540 in Wittenberg. Nach der größten Dürrezeit seit 500 Jahren, suchte man aufgrund von Sachzwängen* eifrig nach Profiteuren der Krise und fand eine Gang von Abdeckern rund um Prista Frühbottin. Den Rest erledigte vermutlich die Folter. Zwar sind die Gerichtsakten nicht mehr vorhanden, dies liegt jedoch auf der Hand, denn eine Verurteilung konnte nach dem damaligen Strafprozessrecht nur erfolgen, sofern ein Geständnis der Angeklagten vorlag, oder mindestens zwei Zeugen vorhanden waren, die beim Zaubereivorwurf schwierig zu finden gewesen sein dürften.

Heutzutage sind wir ethisch und moralisch selbstverständlich eine Stufe weiter. Das Geständnis des Angeklagten ist nicht mehr zwingende Voraussetzung für eine Verurteilung. Es reicht, wenn das Gericht keine Zweifel an der Schuld hat. Die hat es bei einer Freispruchquote von ca. 3% allerdings eher selten. Zum Beweis des Kausalzusammenhangs kann man sich auf die qualifizierte Meinung ausgewählter Sachverständiger stützen. Einzig die Todesstrafe ist heute nicht mehr möglich, denn da hat den Wunschträumen postmoderner Jakobiner das Grundgesetz leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wie man beim Begriff der „Ehe“ gesehen hat, ist zumindest denkbar, dass die „Unschädlichmachung“ eines Tages nicht mehr als „Strafe“ bezeichnet wird.

An dieser Stelle auch noch eine kleine Erinnerung an die Emminger-Reform: Von 1878 ins Jahr 1924 gab es in Deutschland Schwurgerichte, eine alte Forderung der Märzrevolution. Über die Schuldfrage entschieden zwölf Geschworene, über die Strafe entschieden die Berufsrichter. Reichsjustizminister Emminger ersetzte die Geschworenen im Rahmen einer Notverordnung durch Schöffen. Als der Reichstag ein halbes Jahr später über diese Verordnung entscheiden sollte, verschlief angeblich ein 80-jähriger Abgeordneter des Zentrums die Abstimmung, so dass die Maßnahmen beibehalten wurden. Seit der StPO-Reform im Jahre 1974 sind die Schöffen am Landgericht in der Minderheit. So hat sich der Staat schrittweise die Macht vom Volk zurückgeholt. In diesem Zusammenhang ist auf einen Fall hinzweisen, wo sich Schöffen weigerten, den Berufsrichtern zu folgen. Vgl. dazu auch den Staschinski-Fall.

* Die Sachzwänge ergaben sich praktisch automatisch, denn das Werk eines „gütigen Gottes“ konnte diese Dürre natürlich nicht gewesen sein. Da die kirchlichen Vertreter Gottes nichts falsch gemacht hatten, denn sie machten bekanntlich keine Fehler, musste es zwingend jemand anders gewesen sein.