Nach dem Mord in Freudenberg, der offenbar durch zwei Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren begangen wurde, mehr Details sind nicht bekannt, wird mal wieder die Absenkung der Strafmündigkeit gefordert. Alle Parteien, mit Ausnahme der üblichen Verdächtigen, sind selbstverständlich dagegen. Ich kann bereits heute mit absoluter Sicherheit vorhersagen, dass sich rein gar nichts ändern wird. Die Begründung liegt in der deutschen Rechtsgeschichte.

Ursprünglich, das heißt in der Erstfassung des StGB aus dem Jahre 1871, lag die Stafmündigkeit bei 12 Jahren. In der Weimarer Republik (Revolution) wurde sie auf 14 Jahre angehoben und zugleich das Vormundschaftsrecht aufgewertet. Im Dritten Reich (Konterrevolution) wurde sie zuletzt wieder auf 12 Jahre abgesenkt. In der Bundesrepublik (Konterkonterrevolution) wurde sie natürlich wieder auf 14 Jahre angehoben. Hier zeigt sich das übliche Muster, das jedes Kind mit der Muttermilch aufsaugt: Kaiserreich und Drittes Reich = schlecht, Weimarer Republik und Bundesrepublik = gut, bzw. am allerbesten.

Das Eingeständnis, dass der Teufel etwas besser gemacht hat, wäre Verrat an der Narrative der moralischen Überlegenheit. Gut, dass es in der Weimarer Republik marodierende Jugendbanden gegeben hat, blenden wir einfach mal aus. Unser Staat leidet nicht an den gleichen Problemen, nur an denselben.

 

Update (18.03.2023): Bei der BILD-Zeitung haben bislang 109.729 Leser an einer Abstimmung teilgenommen und zu exakt 90% die Absenkung der Strafmündigkeit befürwortet. Das ist natürlich völlig belanglos, weil die Bundesrepublik eine repräsentative Demokratie ist. Die Politiker, die man von den Parteien zur Wahl vorgesetzt bekommt, sehen dies zu fast 90% andersrum. Ließe man den Populus abstimmen, gäbe es in Frankreich die Todesstrafe.

Nachtrag (19.03.2023): Der Experte unter den Experten schlechthin, RiBGH a.D. Prof. Dr. Fischer, erinnert in der LTO daran, dass der Strafgedanke der „Vergeltung“ gegenüber Kindern unangemessen und verboten sei. In einem früheren Artikel beglückte er seine Leser mit der bemerkenswerten Einsicht:

„Strafe“ ist ihrem Sinn und ihrem Ziel nach Zufügung von „Übel“ als Reaktion auf vergangenes Verhalten, aus welchen Gründen und mit welchem „Strafzweck“ auch immer: Vergeltung, Schuldausgleich, Abschreckung, Erziehung.

Da würde ich sagen, dann nehmen wir hier einfach einen der anderen Strafzwecke. Zum Glück gibt es genügend zur Auswahl, so dass immer einer passt.