August Bebel gilt weithin als eines der Idole der deutschen Sozialdemokratie. Nur wenige wissen jedoch, dass er im Jahre 1872 wegen Hochverrats zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt worden war. Dass er verurteilt wurde, wird in der Wikipedia nur am Rande erwähnt, denn der Eintrag liest sich fast wie ein Freispruch, oder zumindest wie der Anfangsverdacht der Rechtsbeugung:

Ein konkreter Anklagegrund konnte nicht gefunden werden (man zog hauptsächlich sämtliche Veröffentlichungen der drei Angeklagten heran), und so betonte man, dass „sich aus dem einen oder anderem Artikel […] nicht die Anklage begründen läßt, daß aber aus der Zusammenwirkung […] sämtlicher Artikel, in Verbindung mit anderen Tatsachen die Anklage hervorgegangen ist“. Nach einer von beiden Seiten vor allem politisch eingefärbten Verhandlung hielt der Staatsanwalt Hoffmann alle drei Angeklagten für schuldig, stellte aber den Geschworenen die Verurteilung Hepners anheim. Das Geschworenenurteil erging am 26. März 1872. Hepner wurde freigesprochen, gegen Liebknecht und Bebel war das Urteil schuldig (es stimmten jedoch nur genau die notwendige Mindestzahl von acht Geschworenen für schuldig).

Darf man August Bebel als „verurteilten Hochverräter“ bezeichnen? Das kommt darauf an, denn zum einen gilt der Wahrheitsbeweis durch Strafurteil, zum anderen jedoch ist die Beleidigung nicht durch Wahrheitsbeweis ausgeschlossen. Ferner hat der Strafgesetzgeber dafür auch noch das Verunglimpfen des Andenkens Verstorbener im Angebot. Es gilt die Faustregel: Wenn der Richter über ein SPD-Parteibuch verfügt, hätte man es besser nicht gesagt.

Worum ging es bei dem Leipziger Hochverratsprozess? Bebel hatte sich im Parlament des Norddeutschen Bundes während des Deutsch-Französischen Krieges zum Anwalt französischer Interessen gemacht, indem er versuchte, die Kriegskredite vom Verzicht auf die Anektion Elsaß-Lothringens abhängig zu machen. Das wurde ihm nach dem Krieg zum Verhängnis, denn es kam damals, nicht zuletzt wegen des aus heutiger Sicht völlig übertriebenen Nationstolzes, gar nicht gut an, wenn die Verteidigung Preußens gegen eine französische Kriegserklärung von eigenen Parlamentarieren behindert wurde.

Heute wäre ein solches Strafverfahren selbstverständlich nicht mehr möglich, denn gem. Art. 46 GG genießen Abgeordnete, egal für wessen Interessen sie sich einsetzen, Indemnität. Damit es auch der Wachtmeister Dimpfelmoser aus Oberhinterunterdingen versteht, wurde dieses Verfahrenshindernis sogar nochmal explizit in § 36 StGB reingeschrieben. Was wir allerdings haben, ist die Abgeordnetenbestechung in § 108e StGB. Wenn sich wirklich mal jemand dabei erwischen lässt, greift jedoch ggf. das Verfahrenshindernis des Todes der Beschuldigten.

P.S.: Und dann wäre da noch dieser Vorfall, der August Bebel nicht im besten Licht darstellt, oder im bestmöglichen, je nach Sichtweise.