Der Grünenpolitiker Anton H. hat die umstrittene Oppositionspartei, den Teufel soll man nicht beim Namen nennen, mit Landesverrat in Verbindung gebracht. Das ist nicht das erste mal, dass ein hochrangiger Vertreter der Ökosozialisten ein Verständnisproblem mit Begrifflichkeiten offenbart. Bereits zuvor war der Wirtschaftsminister Robert H. dadurch aufgefallen, dass er die Existenz des „Volkes“ bestritten hat, als er zum Begriff „Volksverrat“ Stellung nehmen wollte. Details dazu >> hier <<.

Um einen Beitrag zur Dingensaufklärung zu leisten, möchte ich folgende Ausführen machen:

1. Landesverrat
§ 94 StGB definiert den Landesverrat wie folgt: „Wer ein Staatsgeheimnis….“, und an dieser Stelle können wir auch schon aufhören, denn die umstrittene Oppositionspartei verrät keine Staatsgeheimnisse. Dass die Ampel-Koalition bislang an ihren selbstgesteckten Zielen gescheitert ist, weiß jeder, sogar sie selbst. Was Anton H. zu meinen scheint, darüber kann man nur spekulieren, ist § 91b  a.F. StGB. Diese Norm wurde am 20. September 1945 aufgehoben.

2. „Volk“
Auch wenn Robert H. mit dem Begriff „Volk“ ein grundsätzliches Problem haben mag, geht leider kein Weg daran vorbei, dass „Volk“ im Grundgesetz an mehreren Stellen explizit erwähnt wird. Gemeint ist das deutsche Volk. Laut Art. 20 Abs. 2 GG geht die Staatsgewalt vom „Volke“ aus. Laut Art. 21 Abs. 1 GG wirken die Parteien an der Willensbildung des „Volkes“ mit. Gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG vertreten die Bundestagsabgeordneten das gesamte „Volk„. Im Amtseid gem. Art. 56 GG geht es um das Wohl des deutschen „Volkes„. Über dem Reichstag steht „Dem deutschen Volke“, übrigens nicht zu verwechseln mit „suum cuique„, denn dieses alte preußische Motto ist mittlerweile verbrannt. Was Robert H. vermutlich meint, ist der Umstand, dass das Grundgesetz nicht auf die Ethnie abstellt. Wenn man so argumentieren möchte, dann ersetzt man eben den „Volksverrat“ durch den „Staatsbürgerverrat“.

3. „Volksverrat“
Dieser Begriff wird dem Wohltäter Karl Marx zugeschrieben und ist zeitlich im sog. „Vormärz“ einzuordnen, dem Zeitraum vor der 1848-Revolution. Trotz seiner noblen Herkunft, wurde er jedoch im Jahre 2016 von sog. „Sprachwissenschaftlern“ zum „Unwort des Jahres“ erklärt, weil ihn die Nazis bezüglich der von ihnen so bezeichneten „Novemberverbrechern“ verwendet hatten.

Der Ausdruck „Novemberverbrecher“ stellte diese Vorgänge nach Analogie des Kriegsrechts als „Verbrechen am deutschen Volk“ im Sinne von Hochverrat und Landesverrat dar und erklärte somit alle Befürworter der Revolution, Demokratie und Weimarer Verfassung ungeachtet ihrer Differenzen zu kriminellen „Volksfeinden“ oder „Volksverrätern“. Er wirkte zum Teil als akute Bedrohung der so Bezeichneten, zum Teil bereitete er spätere Gewaltmaßnahmen des NS-Regimes gegen sie vor.

Auf diese abscheuliche Weise diffamiert wurde u.a. der bekannte SPD-Politiker Friedrich Ebert, der zwar versucht hat, sich dagegen gerichtlich zur Wehr zu setzen, jedoch unterlag. Das AG Magdeburg stellte in der Urteilsbegründung fest, Ebert habe beim Januarstreik als Beteiligter Landesverrat begangen. Heute ist dieses Phänomen als Streisand-Effekt bekannt. Hierin könnte auch die Motivation des Anton H. liegen, ein entsprechendes Urteil zu provozieren.

Fun Fact: 39 Jahre nach seiner Verurteilung im Leipziger Hochverratsprozess schrieb August Bebel Briefe an Sir Henry.