Der neuste Gag der sog. „Klimakleber“ besteht darin, bei einer Verhaftung keine Angaben zur Person zu machen. Die deutsche Strafprozessordnung, die im Kern noch aus dem Kaiserreich stammt, hat anscheinend neuerdings Probleme, die es früher nicht gab, denn es wurden in den letzten 150 Jahren, insbesondere nach Ende des Zweiten Weltkriegs, einige Zusatznormen angefügt, die typischerweise an den Kleinbuchstaben zu erkennen sind.

So gibt es z.B. seit 1975 den § 163 StPO, nach dem die Polizei „Straftaten zu erforschen“ hat. Dazu gehört typischerweise auch, festzustellen, wie der Tatverdächtige heißt. Später hinzugekommen sind die §§ 163b, 163c StPO, die spezielle Regelungen zur Identitätsfeststellung enthalten, insbesondere zur Höchstdauer des Gewahrsams. Was ist, wenn Tatverdächtige die Namensnennung verweigern? Dann greift § 111 OWiG und es hagelt ein Bußgeld.

Die StPO-Reform im Jahre 1975 erfolgte übrigens zur Hochzeit des RAF-Terrors, als die drei trickreichen Strafverteidiger Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Horst Mahler die bundesdeutsche Justiz durch das Ausnutzen irgendwelcher Schwachstellen in der StPO an der Nase rumführten. Solche Loopholes führten später dazu, dass andere trickreiche Anwälte mit ähnlichen Ideen einen lukrativen Postversandhandel betrieben:

Zu den Top ten der Untergrundautoren gehört Albert Matusch, 57, aus dem hessischen Schwalmstadt, ein harmlos wirkender Mann mit grauer Igelfrisur. Gegen den Juristen ermittelt die Staatsanwaltschaft seit mehr als zehn Jahren. Sein bedeutendstes Werk »Schach dem Staatsanwalt« fand die aufmerksamsten Leser unter den Fahndern. Auf 237 Seiten leitet Matusch Gesetzesbrecher an, wie sie die Zustellung von Gerichtsdokumenten abblocken, sich bei Vernehmungen herauswinden und bei Verhören dummstellen können. Das Buch, von dem hessischen Schriftsetzermeister Erwin Eschenröder, 51, verlegt, wurde per Beschluß des Amtsgerichts Memmingen eingestampft.

Offenbar hat das Finden solcher Loopholes neuerdings wieder Konjunktur.

Der BGH hat sich neulich zur Kollision zwischen dem Gewahrsam zur Identitätsfeststellung nach StPO und dem Gewahrsam nach Polizeirecht geäußert, denn Letzterer kann im Zweifel länger sein (natürlich nicht im vorbildlichen Hessen):

Zwar regeln die §§ 163b und 163c StPO die Befugnis zur Identitätsfeststellung zum Zwecke der Strafverfolgung einschließlich damit verbundener Freiheitsentziehung abschließend, sodass insofern ein Rückgriff auf weiterreichende polizeiliche Ermächtigungen nicht möglich ist (Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 63. Aufl., § 163b Rn. 1; LR/Erb, StPO, 27. Aufl., § 163b Rn. 2). Dagegen bleiben die polizeirechtlichen Ermächtigungsgrundlagen anwendbar, soweit präventive Zwecke außerhalb des Strafverfahrens verfolgt werden (KK-StPO/Griesbaum, 8. Aufl., StPO, § 163b Rn. 8; LR/Erb, StPO, 27. Aufl., § 163b Rn. 15). Die Abgrenzung zwischen beiden Zielrichtungen erfolgt nach dem Schwerpunkt der Maßnahme, wobei der behördlich mit der Maßnahme verbundene Zweck Berücksichtigung findet (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 27. September 2004 – 1 S 2206/03, NVwZ-RR 2005, 540, 541; MüKoStPO/Kölbel, § 163b Rn. 3).