Die linke Zivilgesellschaft der Merkel-Ära erschuf viele sonderbare Blüten. Eine dieser Blützen ist der spendenfinanzierte Blog „Volksverpetzer“, hinter dem sich neben dem Frontmann offenbar ein ganzes Rechercheteam verbirgt. Was dort in der Sache stattfindet, ist de facto eine Unterstützung der Regierungspolitik. Dazu bedient man sich neben Erkenntnissen, die stark an den Verfassungsschutzes erinnern, gerne des Instituts des Faktencheckens, also im Kern dem Entkräften von Strohmannargumenten. Im neusten Beitrag geht es darum, ob die Nationalsozialisten wahre Schotten Sozialisten waren.

 

 

Natürlich spielt bei der Einordnung die Deutung der Begriffe Links und Rechts die entscheidende Rolle. Wer im Parlament zufällig auf welcher Seite sitzt, sagt jedoch nichts über seine konkrete Ideologie aus. Die Begriffe Links und Rechts stehen im Kern für die beiden Extrempole Altruismus und Egoismus. In einer Gesellschaft wird der Altruismus durch das Kollektiv repräsentiert, der Egoismus durch das Individuum. Für Radikale gibt es keine goldene Mitte.

Um den Nationalsozialismus konzeptionell zu verstehen, muss man jedoch auch noch zwischen Innenverhältnis und Außenverhältnis unterscheiden. Der Nationalsozialismus ist nämlich ein Zwitter. Im Innenverhältnis predigte er die sog. „Volksgemeinschaft“ und damit den Kollektivismus. Im Außenverhältnis predigte er die völlige Souveränität Deutschlands und damit den Invidualismus. Hitler hat damals nicht ohne Grund sofort den Völkerbund verlassen.

Was den Kollektivismus des Nationalsozialismus anbetrifft, so unterscheidet er sich nur marginal vom Kollektivismus unter Stalin und auch nur marginal vom Kollektivismus der DDR. Der entscheidene Unterschied war das aus dem germanischen Recht stammende „Führerprinzip„, d.h. eine Abkehr von der Ergebnisgleichheit hin zur Hierarchie. Im Gegensatz zum Kommunismus erkennt der Nationalsozialismus Eliten und die statistische Normalverteilung an.

Der Grund, warum der Nationalsozialismus aus heutiger Sicht, abgesehen von der Rechtslage, konzeptionell keinen Sinn mehr macht, liegt darin, dass er sich zeitlich überholt hat. Das Ziel der nationalsozialistischen Bewegung der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts bestand darin, das deutsche Volk von der Knechtschaft des „Versailler Diktats“ zu befreien. Dazu sollte die Regierung der „Novemberverbrecher“ abgesetzt und deren „Erfüllungspolitik“ beendet werden. Man muss sich klar machen, dass fast die gesamte deutsche Bevölkerung im Kaiserreich, einer in allen Bereichen führenden Weltmacht, aufgewachsen war, und mehr als elf Millionen Männer noch selbst aktiv für dieses Kaiserreich an der Front gekämpft und ihr Leben riskiert hatten. Für diese Menschen war der Niedergang ihres Vaterlandes als Folge des 1. Weltkriegs, der in der Besetzung des Rheinlands gipfelte, absolut unerträglich. Sie wollten den Vorkriegszustand wiederherstellen und für die Zukunft verhindern, dass es jemals wieder zu einer solchen Katastrophe kommen kann.

Das alles ist heute jedoch nicht mehr zeitgemäß. Deutschland hat sich mit seiner Rolle als zweitklassiger Mittelmacht abgefunden. Niemand erinnert sich an die großen Zeiten des Kaiserreichs zurück, niemand hat jemals an einer Front gekämpft, und wenn doch, dann als Hilfstruppen der Amerikaner und nicht zur Verteidigung seines Vaterlandes. Es gibt keinen Versailler Vertrag, das Rheinland ist unbesetzt und eine linke Revolution droht auch nicht mehr. Die einstigen Ziele, mit denen sich damals noch der weit überwiegende Teil der Bevölkerung identifizieren konnte, sind mittlerweile allesamt weggefallen.

Die heutigen Probleme Deutschlands sehen anders aus. Die Älteren erinnern sich noch an die sog. „Bonner Republik„, als die Welt noch in Ordnung zu sein schien. Deutschland ist heute durch den Vertag von Maastricht gebunden und Mitglied in den Vereinten Nationen, der Nachfolgeorganisation des Völkerbundes. Eine linke Revolution ist nicht mehr nötig, weil die Marxisten bereits an der Macht sind. Damit weist die heutige konservative Bewegung zwar scheinbar eine gewisse Ähnlichkeit zum Nationalsozialismus auf, im Kern geht es jedoch um etwas ganz anderes, nämlich um die Wiederherstellung der Bonner Republik, insbesondere um die Rückkehr zum damaligen Verfassungsverständnis. Die Anhänger der alten Bundesrepublik sind keine Nazis.

Das heißt natürlich nicht, dass es in der heutigen konservativen Bewegung keinerlei Nazis gibt. Selbstverständlich ist sie ein starker Magnet für alle, die glauben, dass „früher“ alles besser war, inklusive echter Nazis und solcher, die sich als Nazis ausgeben, um alles Konservative pauschal zu diskreditieren.

 

Nachtrag (27.01.2022): Nachdem es wegen der behaupteten Ähnlichkeit sogar zu der Kündigung einer Journalistin gekommen ist, möchte ich Franklin D. Roosevelt anführen, der sich in einem seiner berühmten Kamingespräche zu dem Streit über die korrekte Bezeichnung geäußert hat. In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es viele Bezeichnungen für dieselben Konzepte. Wie man es nennt, ist jedoch völlig egal, denn im Kern ist es Kollektivismus.

 

Quelle: FDR – Fireside Chat No. 5