Heute morgen kam auf ZDF-Info eine Doku über die Jugend in der DDR, mit der offenbar die älteren DDR-Bürger angesprochen werden sollen. Der Tenor lauet, dass früher doch nicht alles so schlecht war, abgesehen von der Unfreiheit. Was mich dabei gestört hat, war das Framing zur Emanzipation, das überall in immer wieder in gleicher Form wiederholt wird: Im Westen durfte die Ehefrau nicht arbeiten gehen, wenn es der Ehemann nicht erlaubte.

Dieses Framing ist völlig absurd und geht komplett an der Realität vorbei. Im Übrigen ist eine Halbwahrheit, denn das Zustimmungserfordernis galt auch andersrum. Im Westen musste die Ehefrau nicht arbeiten, wenn sie dies ablehte. Die Herren der Schöpfung waren nämlich unterhaltspflichtig und wurden nach ihrer Schulzeit 40 Jahre lang, anfänglich sechs Tage pro Woche, von 9:00-17:00 Uhr zur ZwangsArbeit weggesperrt, wie im offenen Strafvollzug, während die Damen, nachdem sie Kinder schulfertig gemacht hatten und den Hausputz und die Wäsche erledigt hatten, was jeweils einmal pro Woche anstand, nicht wussten, was sie mit ihrer Freizeit anfangen sollten. So war es damals üblich, sich mit anderen Hausfrauen stundenlang am Gartenzaun zu unterhalten und nachmittags zum Kaffeekränzchen zu treffen, bis der „Alte“ von der Arbeit kam, dem dann nochmal das Mittagessen aufgewärmt wurde.

Meine Mutter war eine seltene Ausnahme, denn ihr fiel als Hausfrau die Decke auf den Kopf, so dass sie beschloss wieder arbeiten zu gehen. Ich wurde daher ab dem Alter von 4 Jahren in diversen Kindergärten abgegeben, während meine Mutter auf der Arbeit war, wo sie mit ihren beruflichen Tätigkeiten abgelenkt wurde und sich in den Pausen endlich wieder mit ihren Kolleginnen Ilse und „Shorty“ unterhalten konnte. Mein Vater wurde diesbezüglich überhaupt nicht gefragt. Selbst wenn er gefragt worden wäre, dann hätte er sein Einverständnis erteilt, um seine Ruhe zu haben. Damit kommen wir zum zentralen Punkt: Die Konstruktion im BGB, dass beide Ehepartner bei der Berufstätigkeit der Ehefrau zustimmen mussten, war die Grundlage für einen Rechtsstreit vor Gericht. Die Anzahl diesbezüglicher Klagen in der BRD dürften damals gegen Null gegangen sein, weil man wegen so etwas nicht zum Anwalt geht. Das gesamte Framing in den öffentlich-rechtlichen Medien zum damaligen Eherecht ist komplett irreführend. Es ist komplette Desinformation.

Die Einzigen, die damals ein Problem mit dem westdeutschen Familienrecht hatten, waren sog. „Aktivistinnen“ a’la Alice Schwarzer, die bis 1974 in wilder Ehe mit einem Mann zusammenlebte, und damit automatisch im Widerspruch zum traditionellen Familienbild stand, und die Vereinten Nationen, die im Jahre 1967 beschlossen hatten, nach sozialistischem Vorbild die Diskriminerung der Frau zu beseitigen, was ab dem UN-Beitritt im Jahre 1973 natürlich auch in der BRD umzusetzen war. Das Ergebnis war die sog. „Große Familienrechtsreform“ der 70er Jahre. Wer sich darunter nichts vorstellen kann, muss einfach nur einen Blick auf eine Briefmarke werfen: Die Einschläge in der deutschen Bevölkerungspyramide sind vergleichbar mit Weltkriegen.

 

 

Das Ergebnis war nämlich der offenkundige Einbruch bei den Geburtenraten, der lange Zeit mit dem Begriff „Pillenknick“ geframed wurde. Auch das war selbstverständlich mutmaßlich Desinformation, was man mittlerweile sogar selbst bei der Propagandabteilung in der Wikipedia einräumen musste:

„Eine neuere Analyse bezweifelt diese These jedoch, weil der Geburtenrückgang in den USA bereits zehn Jahre früher als in Deutschland einsetzte und es unter anderem auch in Japan einen deutlichen Geburtenrückgang gab, wo die Pille kaum eine Rolle gespielt habe.“

 

P.S.: Hübsch war damals übrigens auch die mediale Kampagne zur Unterstützung der Reformen durch die Schlagerindustrie. Während das Publikum vor den Fernsehbildschirmen nach den Anwerbeabkommen in den 60ern noch bei den zwei kleinen Italienern mitsingen sollte, ging es Mitte der 70er um das bisschen Haushalt, während in der bundesdeutschen Alltagsrealität schon längst die Maschinen die physische Arbeit übernommen hatten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der musikalische Disput zwischen Peter Alexander und Johanna von Koczian, wer daheim wirklich die Probleme löst.