Im Jahre 1959 durften im oldenburgischen Friesoythe Männer und Frauen das städtische Freibad nur zu unterschiedlichen Zeiten nutzen. Damit sollte, auf dringliche Empfehlung des verantwortungsvollen Ortsgeistlichen, das „frühe Erkennen der Geschlechter“ verhindert werden. Wer heute die Ansicht vertritt, bestimmte Traditionen fremder Kulturen seien rückständig, sollte sich an diese Zeit zurückerinnern. Auch hier gehörte die Prüderie zu den guten Sitten.

In diesem Zusammenhang ist auch der sog. „Zwickelerlass“ aus dem Jahre 1932 zu erwähnen, der eine bestimmte Bademode vorschrieb. Selbiger wurde im Wege des Polizeirechts durchgesetzt, die bekanntlich für die öffentliche Sicherheit zu sorgen hat. Zur „öffentlichen Sicherheit“ gehört u.a. auch das geschriebene Recht, wie z.B. die damalige Badepolizeiverordnung, deren § 1 wie folgt geändet wurde:

(1) Das öffentliche Nacktbaden ist untersagt.
(2) Frauen dürfen öffentlich nur baden, falls sie einen Badeanzug tragen, der Brust und Leib an der Vorderseite des Oberkörpers vollständig bedeckt, unter den Armen fest anliegt sowie mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. Der Rückenausschnitt des Badeanzugs darf nicht über das untere Ende der Schulterblätter hinausgehen.
(3) Männer dürfen öffentlich nur baden, falls sie wenigstens eine Badehose tragen, die mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. In sogenannten Familienbädern haben Männer einen Badeanzug zu tragen.
(4) Die vorstehenden Vorschriften gelten nicht für das Baden in Badeanstalten, in denen Männer und Frauen getrennt baden.
(5) Die Vorschriften des Abs. 2 gelten entsprechend für den Strandanzug der Frauen

Während man sich in der Wikipedia Gedanken darüber macht, wer eigentlich die Spießer waren, die Weimarer Demokraten oder die Steigbügelhalter der Nazis, wird die Ursache für den Regelungsbedarf nur oberflächlich erwähnt. Sie lag im aufreizenden Auftreten junger Damen in den 20er Jahren, die sich als sog. „Flapper“ inszenierten, übrigens ein brititische Bezeichnung für Prostituierte, eine Stilrichtung, die man sich damals in den USA abgeschaut hatte. Das Hauptproblem bestand nicht nur in Deutschland darin, die Erkennbarkeit der Genitalien bei enger Bademode zu verhindern, daher auch der Zwickel.

Diese Regelung war bis ins Jahr 1942 in Kraft. Im Jahre 1936, als die folgenden Aufnahmen gemacht wurden, galt sie demzufolge noch. Daher tragen auch fast alle brav die klassische Badekleidung, aber eben nur fast alle. Was dort an Strandmode und Verhaltensweisen gezeigt wird, lag zumindest teilweise in einer rechtlichen Grauzone. Das merkt man jedoch erst, wenn man diese Regelungen kennt. Disclaimer: Bitte ignorieren Sie alles, was davor und danach kommt, und jegliche NS-Symbolik. Damit wollen wir hier nichts zu tun haben. Es geht lediglich um Badehosen und Badeanzüge Typ 08/15.

 

 

In der DDR galt ab 1956 folgende Regelung:

(1) Das Baden ohne Badebekleidung (Wasser-, Luft-, und Sonnenbaden) an Orten, zu denen jedermann Zutritt hat, ist nur gestattet, wenn diese Orte ausdrücklich dafür von den zuständigen örtlichen Räten freigegeben und entsprechend gekennzeichnet sind oder das Baden ohne Badebekleidung von unbeteiligten Personen unter den gegebenen Umständen nicht gesehen werden kann.
(2) Diese Bestimmung gilt nicht für Kinder unter 10 Jahren.
(3) Badende haben jedes Verhalten zu unterlassen, das geeignet ist, öffentliches Ärgernis zu erregen.

Und natürlich dürfen wir auch nicht die progressive SPD vergessen, die nun in Hamburg „oben ohne für alle“ erlauben will. Wenn demnächst auch noch „unten ohne für alle“ erlaubt wird, haben wir endlich die traditionelle Sittenordnung komplett auf den Kopf gestellt. Das Gegenteil muss einfach richtig sein.

Fun Fact zum Abschluss: Exhibitionistische Handlungen gem. § 183 StGB können nur Männer begehen.