Im Gegensatz zum klassischen Familienbild, das heute in den gesamten Medien vermittelt wird, muss man sich die Rolle der beiden Ehepartner in einer tradionellen Familie wie eine Bundesregierung vorstellen. Die Ehefrau hatte das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium und das Kultusministerium. Der Ehemann hatte das Außenministerium, das Arbeitsministerium und das Verteidigungsministerium. Um im Bild zu bleiben, wurde der Ehebruch damals gesellschaftlich mit dem Landesverrat gleichgesetzt, hatte jedoch ein deutlich niedrigeren Strafrahmen.

Die einzig offene Frage ist damit nur noch, wer in der Familienregierung das Amt des Kanzlers bekleiden sollte. Diese Aufgabe war in § 1354 BGB dem Ehemann zugeschrieben, der aufgrund seiner Unterhaltspflicht den ganzen Spaß bezahlen durfte. Heute steht dort „weggefallen„. Bis 1958 stand dort:

(1) Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung.
(2) Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt.

Seit dem 23. Mai 1949 ist in Art. 3 Abs. 2 GG die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Grundgesetz verankert. Damit war § 1354 BGB über Nacht verfassungswidrig geworden. Die Webseite des Bundestages fasst die Entwicklung zusammen, die letztlich zum Gleichbereichtigungsgesetz führte. Das zentrale Problem war dabei die Auflösung der theoretisch denkbaren Pattsituation in der Familienregierung, auch wenn diese Frage in der Praxis kaum eine Rolle spielte, weil es in einer Beziehung typischerweise einen stärkeren Partner gibt, der sich nicht auf Gesetze berufen muss, und das kann zufällig mal der Ehemann und zufällig mal die Ehefrau sein. Solche zufälligen Konstellationen nützen dem Gesetzgeber jedoch nichts, denn er muss jedes theoretisch denkbare Problem allgemeinverbindlich lösen. Weil man sich im Bundestag dazu nicht einigen wollte, immerhin stand die Gunst der Klientel auf dem Spiel, wurde das Letztentscheidungsrecht des Ehemannes gestrichen. Man überließ die Lösung den Familien, die zeigten, dass es auch so ging.

Damit ging die ganze Geschichte aus, wie das Hornberger Schießen. Viel Wind um Nichts, aber zumindest konnte jede Seite wieder ihre ideologischen Heißluftballons aufsteigen lassen, und darauf kommt es an. Was wäre ein Parlament ohne Scheindiskussionen und scheinbare Probleme, die keine sind?