Wenn es um die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle geht, sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, zumindest fast keine. Das OLG Stuttgart hatte es mal wieder mit einer Alberto-Konstellation zu tun, diesmal jedoch mit einer noch kreativeren Variante, denn der vermeintliche Strohmann existierte nicht.

Der Angeklagte war im Juni 2015 mit einem PKW auf der B 27 in Richtung Tübingen gefahren. Es wurde ihm vorgeworfen, er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 58 km/h überschritten. Für diese Verkehrsordnungswidrigkeit ist eine Regelgeldbuße von 480 Euro und ein Regelfahrverbot von einem Monat vorgesehen. Das für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit zuständige Landratsamt sandte dem Angeklagten einen Anhörungsbogen zu. Der Angeklagte wollte verhindern, wegen der Ordnungswidrigkeit belangt zu werden. Er wandte sich deshalb an eine unbekannt gebliebene Person, die auf einer Internetseite damit warb: „Ich übernehme Ihre Punkte und Ihr Fahrverbot für Sie“. Gemäß der mit dieser Person getroffenen Absprache ließ der Angeklagte ihr per E-Mail das Anhörungsschreiben der Bußgeldbehörde zukommen und überwies ihr im Gegenzug 1.000 Euro auf ein Schweizer Bankkonto. Im weiteren Verlauf füllte eine andere Person als der Angeklagte den Anhörungsbogen handschriftlich aus, gab den Verstoß zu und erklärte, sie sei der zur Tatzeit verantwortliche Fahrer, wobei sie den Namen einer tatsächlich nicht existenten Person unter einer Karlsruher Adresse angab. Daraufhin erließ das Landratsamt gegen die in Wirklichkeit nicht existierende Person einen Bußgeldbescheid und stellte zugleich das Verfahren gegen den Angeklagten ein. Bis das Landratsamt von der Polizei in Karlsruhe erfuhr, dass es eine Person mit den angegebenen Personalien tatsächlich nicht gibt, war bereits Verfolgungsverjährung hinsichtlich der vom Angeklagten begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit eingetreten, so dass er deshalb endgültig nicht mehr belangt werden konnte.

Die Entscheidung des OLG Stuttgart bestätigt die bisherige Rechtsprechung und beschäftigt sich darüber hinaus mit den Urkundsdelikten. Interessant ist dabei, dass eine Mittäterschaft des Angeklagten an einer Urkundenfälschung verneint wird. Auf die Strafbarkeit des smarten Unternehmers geht man nicht ein, denn er war hier nicht angeklagt, aber mittelbar wird sie bejaht. Es handelt sich damit um ein orbiter dictum im Wege einer Inzidentprüfung.

Sollten Sie auf die Idee kommen, mit dieser „Geschäftsidee“ im Internet so richtig durchzustarten, so sind Sie hiermit gewarnt. Das ist leider strafbar!