Am 07. September 1951 nahm das Bundesverfassungsgericht seine Arbeit auf.

Dies war möglich, weil zuvor ein Problem gelöst worden war. Dieses Problem lautete auf den Punkt gebracht: Wer kann überhaupt Verfassungsrichter sein? Die bisherigen Richter, die aufgrund ihrer Berufserfahrung für diese Aufgabe in Betracht gekommen wären, waren offenkundig politisch vorbelastet. Bemerkenswert ist, dass von den Amerikanern dazu bereits im Jahre 1944 ein Gutachten in Auftrag gegeben worden war. Das SHAEF-Memorandum von Saul K. Padover empfahl im Ergebnis eine gezielte Kollaboration mit Linken.

Ein Aachener Historiker schrieb dazu:

Not all of the Germans Padover interviewed shared this somewhat smug, self-complacent attitude. There were a few among them, Padover reported, who were prepared to admit a general guilt of the German people – with the exception of themselves, of course, for they had actually never conceded anything to the Nazis. These, Padover stated, were the members of the German Left, Social Democrats and the few Communists he met. This impression coincided with what Padover always had believed, as he wrote in retrospect:” I felt that despite their disastrous and morally criminal passivity, the Left workers, being the only non-militaristic and non-fascist elements in the [German] Reich, were the sole hope of Germany’s future…If ever Germany was to be rendered decent and harmless, it must be done through the Left.”

So ist man auch bei der Besetzung des Bundesverfassungsgerichts vorgegangen. Man muss sich nur die erste Besetzung der beiden Senate anschauen und jeweils auf die Vita klicken. Typische Merkmale der ersten Verfassungsrichter waren ehemalige Mitgliedschaft im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Emigration, Verfolgung als Sozialdemokrat oder wegen der Religon, oder „all of the above“, wie z.B. es beim Vizepräsidenten Rudolf Katz der Fall war. Als Katz 1961 unerwartet verstarb, wurde er durch Friedrich Wilhelm Wagner ersetzt, der mit ihm in den USA in der German Labour Delegation tätig war. Es gab aber auch Richter, die bereits für die Weimarer Koalition politisch aktiv waren. Hier wäre z.B. der erste Präsident Hermann Höpker-Aschoff zu nennen. Während heutzutage die Rechtstaatlichkeit Polens in der Kritik steht, gelang es der Regierung Adenauer durch Reduzierung der Senate ein Übergewicht der CDU-Richter herzustellen. Das sieht auf den ersten Blick wie eine geschickte Manipulation aus, aber das Übergewicht der SPD war auch nicht zufällig.

Das Bundesverfassungsgericht hat in den letzten 70 Jahren viele bahnbrechende Entscheidungen getroffen, die zum totalen Umbau der deutschen Gesellschaft beigetragen haben. Bemerkswert ist dabei, dass diese Entscheidungen zumeist nur wenig mit dem Wortlaut des Grundgesetzes zu tun hatten, sondern die Begründungen typischerweise von Himmel fielen. Manche Grundrechte wurden sogar aus dem Nichts herbeigezaubert. Dabei wurde jedoch immer peinlichst darauf geachtet, dass die politischen Grundsätze des Potsdamer Abkommens unverletzt blieben. Wenn auch die Politik der Bundesregierung zu keiner Zeit eine Linie erkennen ließ, wurde diese Vorgabe niemals überschritten. So wurde der gute Ruf der Bundesrepublik gewahrt.