Die kommende Ministerpräsidentin Italiens möchte angeblich die Interessen des eigenen Landes künftig über die Interessen der EU stellen. Das klingt in den Ohren der Bevölkerung erst mal sehr zackig, was es jedoch in der Praxis bedeutet, ist unklar. Was sind die „nationalen Interessen“ Italiens? Man kann Vermutungen anstellen, aber keiner weiß es genau.

Was sind eigentlich die „nationalen Interessen“ Deutschlands? Im Februar hat z.B. Klaus von Dohnanyi ein Buch dazu geschrieben. Gut, der Mann ist SPD-Politiker und Ex-Minister und ehemaliger regierender Bürgermeister von Hamburg, aber da kann ja jeder kommen und seine Privatmeinung äußern. Eine entsprechende Definition steht zumindest nicht im Grundgesetz. Was es allerdings gibt, ist das Weißbuch zur Sicherheitspolitik aus dem Jahre 1994. Damals hat sich die Regierung Kohl an einer Definition der „nationalen Interessen“ der Bundesrepublik Deutschland versucht, die da lauten (sollen):

  • die Bewahrung von Freiheit, Sicherheit und Wohlfahrt der Bürger Deutschlands und der Unversehrtheit seines Staatsgebiets,
  • die Integration mit den europäischen Demokratien in der Europäischen Union …,
  • das dauerhafte, auf eine Wertegemeinschaft und gleichgerichtete Interessen gegründete transatlantische Bündnis mit den Vereinigten Staaten als Weltmacht …,
  • eine auf Ausgleich und Partnerschaft bedachte Heranführung unserer östlichen Nachbarn an westliche Strukturen und die Gestaltung einer neuen, alle Staaten Europas umfassenden kooperativen Sicherheitsordnung,
  • die weltweite Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte und eine auf marktwirtschaftlichen Regeln basierende gerechte Weltwirtschaftsordnung … .

Sollten die „nationalen Interessen“ Italiens ähnlich gelagert sein, so wird sich dort künftig rein gar nichts ändern. Da der italenische Staat, genau wie die Bundesrepublik Deutschland, das Ergebnis alliierten Nation-Buildings ist, dürfte dies der Fall sein. Auch in Italien wurden die bestehenden Strukturen zerschlagen und mit Unterstützung der CIA die Christdemokratie an die Regierung gebracht. Die hat genau dasselbe gemacht, wie die CDU in der BRD.

Dass in Italien eine Scheinpopulistin als Ministerpräsidentin installiert werden wird, um die wahren Populisten zu verhindern, dürfte sich spätestens bei der Vergabe der Ministerposten zeigen. Ein ähnlicher Coup hat sich bereits bei der Wahl in Frankreich angedeutet. Beide bekamen erstaunlich viel Sendezeit.

P.S.: Die designierte Ministerpräsidentin ist seit Februar 2021 Mitglied im Aspen-Institute. Zufälle gibt’s.