Nachdem der Ukraine die Soldaten auszugehen drohen, wird nun in Deutschland eine Scheindebatte über die Wehrpflicht geführt. Dabei ist von vornherein klar, dass sie natürlich nicht wieder eingeführt werden wird. Warum, dazu später. Besonders absurd wirkt jedoch die Aussage eines Ex-Obersts im Focus, die Wiedereinführung der Wehrpflicht könnte die Bundeswehr schwächen, denn die Truppe sei nicht darauf vorbereitet.

Zurück in die Geschichte: Eine zentrale Forderung des Versailler Vertrages war die weitgehende Demilitarisierung Deutschlands. Die Reichswehr wurde auf 100.000 Mann begrenzt. Sie hatte Munitionsvorräte für eine Stunde. Panzer, U-Boote und Flugzeuge waren verboten. Festungen wurden geschleift. Selbstverständlich wurde damals auch erstmalig die Wehrpflicht abgeschafft. Das Ziel der Siegermächte war offenkundig: Sollte Deutschland seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, könne man jederzeit einmarschieren. So ist es dann auch geschehen, als die Franzosen im Jahre 1921 das Rheinland und zwei Jahre später das Rhurgebiet besetzten.

 

Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-R09876 / CC-BY-SA 3.0

 

Am 16. März 1935 erging das Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht. Das Gesetz selbst war sehr kurz, es hatte nämlich nur drei Paragraphen. Dennoch ist der Text relativ umfangreich, denn es wurde eine ausführliche Begründung vorangestellt. Natürlich war die Truppe nicht vorbereitet, aber das hat weder irgendwen interessiert, noch gestört. Geschwächt hat es die Streitkräfte auch nicht, im Gegenteil. Dass die Geschichte kein gutes Ende nahm, ist bekannt.

Fast forward: Im Oktober 2010 zahlte Deutschland die letzte Rate des Versailler Vertrages. In etwa zeitgleich lief auch die Westeuropäische Union, ein gegenseitiger Beistandspakt, aus. Rein zufällig, oder auch nicht, wurde kurz darauf die Wehrpflicht ausgesetzt, d.h. de facto abgeschafft. Man könnte hierin ein Muster erkennen, dass Deutschland – diesmal freiwillig – die Weimarer Verhältnisse anstrebt. Der Großteil der Panzer wurde verschrottet, ein Teil wurde an das Ausland verkauft. Die Flugzeuge der Luftwaffe sind teilweise nicht mehr NATO-tauglich. U-Boote hat man noch sechs Stück, von denen zeitweise kein einziges einsatzfähig ist. Lediglich die Munitionsvorräte wurden von einer Stunde auf ein bis zwei Tage aufgestockt. Im Ergebnis steht die Bundeswehr heute mehr oder weniger blank da, was keine verdeckte Anspielung auf das Amt Blank sein dürfte, allenfalls ein Treppenwitz der Geschichte.

Kann man die Bundeswehr in die Lage versetzen, ihren Auftrag zu erfüllen? Selbstverständlich kann man das. Ein Gesetz mit drei Paragraphen reicht aus. Will man es? Nein, natürlich nicht. Die Politik hat Angst vor der ehemaligen „Schule der Nation„. Zum einen hat man Angst davor, dass das Ausland Angst bekommen könnte, zum anderen werden beim Militär die falschen Werte vermittelt. Die „Verteidigung des Vaterlandes“ und offene Grenzen beißen sich irgendwo. Das Eintreten für „unsere“ Demokratie ist Rekruten, die zu einer nicht geringen Anzahl über die doppelte Staatsbürgerschaft verfügen, auch nur schwer vermittelbar, denn wer sind „wir“ eigentlich? Der Volksbegriff wurde medial vollständig als Nazi-Gedankengut diskreditiert und wird mittlerweile von Politikern in herausgehobener Stellung sogar offen bestritten. Im Übrigen gibt es noch ein Problem, das auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, nämlich § 6 WStG. Im realen Krieg ist die Grafik zwar besser, als beim Online-Shooter, aber dafür gibt es leider keinen Respawn. Wer riskiert freiwillig sein Leben?