Nach einem einer Rede des ukrainischen Präsidenten per Liveschaltung im Bundestag spielen sich die WAZ und t-online gegenseitig die Bälle zu. In einem Punkt ist man sich jedoch einig, der Bundestag habe sich angeblich blamiert.

Was war geschehen? Nach Ende der Rede ging der Bundestag zur Tagesordnung über. Stellen wir uns vor, es wäre anders gewesen: Ein ausländischer Präsident hält eine Rede vor dem Bundestag. Aus diesem Grund wird die Tagesordnung zurückgestellt und erst mal darüber debattiert, vielleicht sogar kontrovers. Das hieße, dass ausländische Präsidenten Einfluss auf die Tagesordnung des Bundestags und damit mittelbar auf die Geschwindigkeit der deutschen Verwaltung nehmen könnten. Dass das nicht sein darf, besagen die drei Grundsätze der deutschen Verwaltung nach Karl August Bettermann:

1. Das haben wir immer so gemacht.
2. Das haben wir noch nie gemacht.
3. Da könnte ja jeder kommen.

Es gibt aber noch einen viel handfesteren Grund. Ausländische Präsidenten können in der Bundesrepublik keine Wahlen gewinnen und im Parlament auch keine Sitze erringen. Deshalb haben sie im deutschen Bundestag – der Volksvertretung des deutschen Volkes – grundsätzlich nichts zu melden. Das ergibt sich aus Art. 43 Abs. 2 GG. Man kann sie ausnahmsweise als Gäste einladen und ihnen erlauben, Reden zu halten, aber das war es auch schon.

Wie kann es nun sein, dass die deutsche Presse diesen Nicht-Vorfall so extrem überzeichnet? Der Spiegel spricht sogar vom „Tag der Würdelosigkeit„. Das hat natürlich historische Gründe, die bis zum Ende des 2. Weltkriegs zurückreichen. Eine der ersten Maßnahmen der Sieger war es, die gesamte deutsche Presse zu verbieten und durch eine Lizenzpresse zu ersetzen, die unter ihrer Kontrolle stand. Die gesamte(!) deutsche Nachkriegspresse war damit von Beginn an eine inländische Auslandspresse. Obwohl diese Beschränkungen mit Gründung der Bundesrepublik weggefallen sind, hat sich dies inhaltlich nie geändert. Dafür hat in den Anfangsjahren der Bundesrepublik u.a. die Organisation Gehlen gesorgt, ein amerikanischer Geheimdienst. Fast die gesamte westdeutsche Presse war in den Chefetagen von V-Leuten unterwandert. Heutzutage ist das nicht mehr nötig, weil sich die Medien auf allen Ebenen freiwillig gleichgeschaltet haben. Alle schreiben dasselbe, kommentieren identisch und stellen die Interessen des Auslands über die eigenen.