„Wissenschaftler haben berechnet, dass viele Lebensmittel deutlich teurer sein müssten“, lautet der erste Satz des Artikels des WDR, der sich mit einem sog. Sozialen Experiment beschäftigt, nämlich herauszufinden, ob sich Kunden abzocken lassen, sofern es für einen vermeintlich guten Zweck geschieht. Immer wenn die Rede von Wissenschaftlern ist, dann zuckt so langsam das Augenlied, denn wenn man eines auf die Dauer nicht mehr hören kann, dann den Alarmismus von sog. „Experten“, die im schlimmsten Fall dafür bezahlt werden, ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen und dazu Daten manipulieren.

Gut, wie sieht es hier aus? Kommt Penny mit der Nummer durch? Darf man seine Kunden abzocken? Im Prinzip schon, wenn Kaiser Wilhelm II. nicht am 01.01.1900 mit dem BGB den übelsten Geschäftspraktiken einen Riegel vorgeschoben hätte. Die Norm, um die es geht, ist § 138 Abs. 2 BGB. Dort steht:

Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Das auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wird ab einem Preisaufschlag von 100% vermutet. Maßstab ist dabei der Marktwert, und daran ändert sich auch nichts, wenn irgendwelche als sog. „Wissenschaftler“ bezeichnete Privatgutachter als „wahren Wert“ irgendwas anderes ausgerechnet haben. Beim doppelten Preis wäre dieses Tatbestandsmerkmal somit erfüllt. Bei den anderen Tatbestandsmerkmalen, der Zwangslage, der Unerfahrenheit, oder des Mangels an Urteilsvermögen wird es jedoch schwierig, sofern sich die Kunden aus Idealismus auf das Spiel einlassen, was sie jedoch angeblich nur in seltenen Fällen tun. Es kann somit dahinstehen, ob auch noch das subjektive Tatbestandsmerkmal des bewussten Ausbeutens erfüllt wäre. Das heißt im Ergebnis, dass Penny den Mehrgewinn behalten darf, auch wenn sie damit in der Gesamtschau Umsatzeinbußen erleiden. Was sie mit dem Geld machen, ob dieser Aktionismus noch etwas mit gewinnorientiertem Wirtschaften zu tun hat und was die Aktionäre davon halten, ist ein anderes Thema. Sollte es jedoch generell im Einzelhandel zur Regel werden, dass auf den Preis irgendwelche Phantasieaufschläge, Ablassgebühren oder sonstige Zwangsabgaben aufgeschlagen werden, dürfte Wucher vorliegen. Der Kunde könnte die Differenz zum Marktwert (Saldotheorie) zurückfordern.

 

 

P.S.: Nur weil der eine WDR eigene Mitarbeiterin befragt, heißt das nicht, dass sie die Aktion nicht begrüßt. Es gibt ein richtiges Leben im falschen.