In Mexiko hat der Oberste Gerichtshof die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruch als verfassungswidrig eingestuft. Interessant ist folgender Satz:

„Das Parlament wurde angewiesen, die seit 1931 geltenden Strafen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.“

In Mexiko kann das Oberste Gericht offenbar direkt das Parlament anweisen. Nice! Auch die Begründung ist bemerkenswert:

„Die Kriminalisierung von Abtreibungen verletze die Menschenrechte von Frauen und anderen gebärfähigen Personen.“

Von den Menschenrechten des ungeborenen Kindes (Nasciturus) ist leider keine Rede. Ab wann ist ein Mensch ein Mensch? Dass Frauen und andere gebärfähige Personen möglicherweise durch ungeschützten Sex konkludent in eine Selbstbeschränkung einwilligen, hatten die klugen Robenträger:innen anscheinend auch nicht auf dem Schirm. Wenn doch, war es ihnen offenkundig egal. Was macht man nicht alles, um die Überbevölkerung zu reduzieren?

Das Phänomen, dass Verfassungsgerichte mal einfach so aufgrund ihrer Machtvollkommenheit die Gewaltenteilung durchbrechen und an der Legislative vorbei bestimmen, wie die Spielregeln der Gesellschaft auszusehen haben, ist nicht neu. Bereits Mitte der 50er Jahren hat der sog. „Warren Court“ unter dem Vorsitz des ehemaligen Gouverneurs von Kalifornien, Earl Warren, durch liberale Rechtsprechung in den USA für gesellschaftliche Reformen gesorgt.

Um der mit einem Übermaß an richterlicher Weisheit verbundenen Gefahr eines Putsches von Oben zu begegnen, legten sich die Nachfolger Warrens am US Supreme Court eine freiwillige Selbstbeschränkung (juridical restraint) auf. Ähnlich agierte 1973 auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Grundlagenvertrag. Wer erinnert sich heute noch an Wehners berühmten Ausspruch? Mittlerweile pfeift man in Karlsruhe auf solche überkommenen Konzepte und prescht beim Umbau der Gesellschaft mit Vollgas voraus, wie z.B. zuletzt beim sog. „Klima-Beschluss“. Bereits 1953 sah der damalige Justizminister Thomas Dehler diese Entwicklung voraus und stellte die klassische Frage „Wer bewacht die Wächter?„. Sie hat ihn wohl sein Amt gekostet.

Nachtrag: „Ein Urteil veränderte alles“. Es geht um den Fall Hirsi, mit dem sich der EGMR anschickte Europa zu verändern, mit Rückendeckung der UN. Die Demokratie muss auch vor aktivistischen Richtern verteidigt werden. Deshalb sehe ich die Justizreform in Israel nicht so kritisch, wie viele andere.