Zeitnah zu seinem Austritt aus der CDU und der Ankündigung der Parteigründung, wurde offenkundig der Stab über „M“ gebrochen. Wie den Medien zu entnehmen ist, soll er künftig von seiner ehemaligen Behörde überwacht werden.

In der Praxis dürfte sich relativ wenig ändern, denn es gibt Hinweise darauf, dass er bereits überwacht wurde, von wem auch immer (hier, hier und hier). Das muss nicht zwingend das BfV gewesen sein, denn auch andere Dienste dürfen aufgrund des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut tätig sein.

Die Beobachtung hat grundsätzlich keine Nachteile, weil der Verfassungsschutz im Jahre 1968 von der ersten GroKo entschärft wurde. Damals wurde § 128 StGB gestrichen, was zur Folge hatte, dass der Verfassungsschutz zum zahnlosen Papiertiger wurde. Die Behörde kann lediglich Daten sammeln, wie z.B. eine Schule die Einträge störender Schüler ins Klassenbuch sammeln kann. Auf diese hat der Verfassungsschutz übrigens im Wege der Amtshilfe Zugriff, wie sich erst jüngst bei der „Eiwanger-Affäre“ gezeigt hat. Vor „M“ wurden auch bekannte Politiker, wie z.B. Gustav Heinemann, Frank-Walter Steinmeier, Bodo Ramelow, Winfried Kretschmann, Sarah Wagenknecht und Gregor Gysi. Zwei wurden Bundespräsident, zwei Ministerpräsident und zwei sind gern gesehene Talkshow-Gäste. Mittelbar sind die Folgen für „M“ jedoch relativ unangenehm. So wurde z.B. auf der Stelle sein Wikipedia-Eintrag, der Ähnlichkeiten zu einem elektronischen Führungszeugnis hat, angepasst. Potentiell steht damit natürlich eine sog. „Character Assassination“ im Raum.

Interessant ist, was die Behörde selbst über „M“ gesammelt hat. Auf seiner Webseite hat er ein entsprechendes Schreiben veröffentlicht, das gewisse Einblicke in die Arbeitsweise ermöglicht. So wurde z.B. vermerkt, dass er den Ermittlungsaufwand in einem Staatsschutzverfahren als „unverhältnismäßig“ bezeichnet hat. Ferner wurde festgehalten, dass „M“ in rechtsextremen Kreisen Zuspruch erhält, vermutlich sogar nicht nur von V-Leuten. Das alles ist zwar relativ dünn, aber wenn selbst solche Tatsachen registriert werden, ist es kein Wunder, wenn seine elektronische Akte immer umfangreicher wird. Es wäre natürlich spannend zu wissen, was der fleißige Dienst über andere Bundesbürger gespeichert hat. Irgendwie beschleicht mich insoweit ein Deja Vu.

 

Kann er was dagegen unternehmen? Natürlich kann er mit geringer Aussicht auf Erfolg dagegen klagen. Sollte er was dagegen unternehmen? Das kommt darauf, ob es ihm die Beobachtung mehr schadet, als nützt. Ein Blick in die USA zeigt, dass mit jeder Klage die Umfragewerte des Ex-Präsidenten steigen. Es könnte hierzulande allerdings Konsequenzen für seine Unterstützer haben. Bei denen steht dann in der Akte, dass sie sog. „Rechte“ unterstützt haben.

Was mich bei der ganzen Geschichte wundert, ist der Umstand, dass „M“ eigentlich ein 110%er sein müsste. Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz kann nicht jeder werden, sondern nur Personen, bei denen die Zuverlässigkeit mehrfach auf Herz und Nieren geprüft wurde. Er hatte nicht nur das höchste Geheimhaltungs-Clearing, sondern genoss mit Sicherheit das Vertrauen unserer Freunde und Partner. Selbstverständlich war er auch im Berner Club jederzeit ein gern gesehener Gast. Last but not least war er im Innenministerium höchstpersönlich das rot-grüne Aufenthaltsgesetz mitverantwortlich. Wie ein solches Musterbeispiel für Linientreue umfallen kann, erschließt sich mir zumindest nicht auf Anhieb. Mit verletzter Eitelkeit ist es nicht zu erklären.