Heute mal wieder ein Beitrag zur Kunst, die eigentlich die Aufgabe hat, die Menschen zu erfreuen. Leider wird sie seit unvordenklicher Zeit von der Politik instrumentalisiert, was sich u.a. bei Denkmälern zeigt. Ein Denkmal ist ein Herrschaftssymbol, denn der Aufsteller erzwingt, dass man sich sein Denkmal anschauen muss, es sei denn, man läuft mit geschlossenen Augen gegen die nächste Wand. Heutzutage müssen sich alle „moderne Kunst“ anschauen.

Nun ist es jedoch so, dass nicht nur Herrscher ihre Kunstwerke aufstellen lassen, auch die Beherrschten haben dieses Medium für sich entdeckt, z.B. in der politischen Karrikatur und in Spottgedichten. Deshalb gibt es auch seit jeher Versuche, bestimmte Kunst zu verbieten. Thematisch verarbeitet wird dies in einem Klassiker der deutschen Filmkunst, dem Gustaf Gründgens Film „Tanz auf dem Vulkan“ aus dem Jahre 1938, in dem es um einen französischen Theaterdarsteller geht, der auf der Bühne zur Revoultion aufrief. Bekannt wurde insbesondere sein Lied „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da„.

Im Grundgesetz ist die Kunstfreiheit nicht explizit unter eine Schranke gestellt. Das heißt jedoch nicht, dass sie unbeschränkt wäre. Sollte sie mit anderen Grundrechten kollidieren, ist eine Abwägung durchzuführen. Wichtig ist insoweit auch die Systematik: Während die Lehre in Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG unter den Vorbehalt der Verfassungstreue gestellt ist, gilt dies für die Kunst nicht. Bereits den Müttern und Vätern des Grundgesetzes war klar, dass Künstler möglicherweise gegen ihr geistig Kind opponieren werden, und sie haben dies billigend in Kauf genommen.

So kam es dann auch, dass das Bundesverfassungsgericht sich mit dem Kunstbegriff auseinanderzusetzen hatte, denn nur die Kunst ist frei, nicht die Meinung, die bekanntlich unter dem Vorbehalt der „allgemeinen Gesetze“ (= StGB) steht. Das Bundesverfassungsgericht entschied sich damals in der Mephisto-Entscheidung aus dem Jahre 1971 für einen weiten Kunstbegriff, der sich jeglicher Definition entzieht, denn wenn es eine solche Definition gäbe, könnte man sie für Verbote heranziehen. In dem Fall ging es um eine Diffamierung. Um wessen Diffamierung? Um die Gustaf Gründgens, der bekanntlich unter den Nazis Karriere gemacht hatte. Seine Person wurde in dem Roman „Mephisto – Roman einer Karriere“ herabgewürdigt. Die Rechtslage war eindeutig: Der Erbe konnte Unterlassung gem. §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB verlangen. Er hatte jedoch seine Rechnung ohne die Superrevisionsinstanz in Karlsruhe gemacht. Die Richter und Richterinnen in roten Roben entschieden den Fall natürlich ganz im Sinne des Potsdamer Abkommens. Damit musste das Persönlichkeitsrecht von Gustaf Gründgens letztlich hinter dem Recht auf Herabwürdigung von Nazigünstlingen in künstlerischer Form zurückstehen.

Dass es aber auch anders gehen kann, wenn übergeordnete Gesichtspunkte in Spiel kommen, zeigt ein aktueller Fall von der documenta in Kassel. Ein „Künstlerkollektiv“ aus Indonesien hatte einen Finanzspekulanten mit einer SS-Rune, und einen Soldaten mit Schweinzskopf mit einem Davidstern versehen, was offenbar zum Ausdruck bringen sollte, dass es nicht auf die Etiketten ankommt, sondern auf das Ergebnis. Das geht natürlich gar nicht, denn dadurch wird ein Grundpfeiler der deutschen Staatsraison verletzt. Da musste Kulturstaatsministerin Roth sofort eingreifen und das Bild entfernen lassen. Mit dem Etikett des Antisemitismus darf die documenta nicht beschmutzt werden, völlig egal, ob es sich im Ergebnis um ein Kunstwerk handelt.

Damit wurde auch zugleich die provokante These der Künstler widerlegt.