In England hat jüngst ein Fall für Aufsehen gesorgt. Eine renommierte Bank hatte dem umstrittenen Politiker Nigel F. wegen seiner politischen Ansichten das Konto gekündigt. Dem lag offenbar ein internes Dossier zugrunde, das an eine nachrichtendienstliche Beurteilung erinnert. Die britische Regierung möchte dies offenbar zum Anlass nehmen, um die Diskriminierung von Bankkunden aufgrund politischer Ansichten zu unterbinden.

In Deutschland ist diese Vorgehensweise, die an COINTELPRO erinnert, natürlich auch bekannt. Es ist allerdings wahrscheinlicher, dass die Banken aus reinem Eigeninteresse handeln, als auf Wunsch unbekannter Oberer, um sich nicht dem Vorwurf der Kollaboration mit einer gesellschaftlichen Persona non grata auszusetzen (= Imageschaden). Der BGH hat dies in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 2013 bei Privatbanken gebilligt, vor dem Hintergrund, dass der Betroffene zu einer Sparkasse wechseln könne. Sparkassen seien, im Gegensatz zu Privatbanken, an das Grundgesetz gebunden.

Dass der BGH dabei eine „sehr eigene“ Interpretation der Lüth-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an den Tag legt, indem er ohne Begründung die konkrete Reichweite des Art. 3 Abs. 3 GG verneint, lassen wir dezent im Raum stehen.

Eine Kündigung war auch nicht aufgrund einer mittelbaren Drittwirkung des Art. 3 Abs. 3 GG treuwidrig, wenn sie – wie mangels Aufklärung der Beweggründe der Beklagten durch das Berufungsgericht im Revisionsverfahren hier zugunsten der Klägerin zu unterstellen – von deren politischer Anschauung motiviert war. Abgesehen davon, ob die Klägerin als Kapitalgesellschaft nach Art. 19 Abs. 3 GG überhaupt spezielle Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG für sich in Anspruch nehmen könnte (dafür Rüfner in Isensee/Kirchhof, HStR IX, 3. Aufl., § 196 Rn. 74; differenzierend Tettinger in Merten/Papier, HGR II, 2006, § 51 Rn. 63; Starck in v. Mangoldt/Klein, GG, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 374; Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 19 Abs. 3 Rn. 38; Boysen in v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 133), reicht die Ausstrahlungswirkung des Art. 3 Abs. 3 GG unabhängig davon, ob ihr im Wege der mittelbaren Drittwirkung eine im Vergleich zum allgemeinen Gleichheitssatz größere Durchschlagskraft zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2012 – V ZR 115/11, WM 2012, 2168 Rn. 26 mwN; zur mittelbaren Drittwirkung des Art. 3 Abs. 3 GG auch Britz, VVDStRL 64, 355, 361 ff.), parallel zu den Wertungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht so weit, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung über den Fortbestand des Girovertrages nicht die politischen Auffassungen ihres Vertragspartners berücksichtigen durfte (im Ergebnis ebenso Brömmelmeyer, WuB I A 3. Nr. 26 AGB-Sparkassen 1993 1. 02; auf die Öffentlichkeit des Angebots als Differenzierungsmerkmal rekurrieren Eckertz-Höfer in AK-GG, 3. Aufl., Art. 3 Abs. 2, 3 Rn. 93; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 3 Rn. 133; Dreier/Heun, GG, 2. Aufl., Art. 3 Rn. 138). Gleiches gilt, soweit sich die Klägerin auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beruft.

Anyways, dann geht der Ex-Kunde halt zu einer Sparkasse, und fertig. Um dort gekündigt zu werden, müssten Kontobewegungen manipuliert werden.

Nachtrag (05.10.2023): Klassische Irreführung (Desinformation) durch die WELT.