Manchmal traut man seinen Augen nicht, wenn man die aktuellen Schlagzeilen liest: In der Niederlande ist das neue „Regierungsbündnis“ auf die Idee gekommen, den ehemaligen Geheimdienstchef zum Ministerpräsidenten zu machen. Ein Blick in das elektronische Führungszeugnis des Prätendenten fördert erstaunliche Tatsachen zu Tage: Nicht nur war er bis 2019 Mitglied der holländischen Sozialdemokraten, die Partei der Unterschicht, er hat auch noch von 1999-2003 maßgeblich an der Einwanderungsgesetzgebung mitgewirkt. Da fällt mir auf Anhieb jemand ein, der ähnlich Karriere gemacht hat. Das ist in etwa so, als machte die AfD nach einem Wahlsieg Maaßen zum Bundeskanzler. Man könnte fast meinen, die Opposition sei dort gesteuert. Es ist ein unglaublicher Vorgang, wie sich die „Rechten“ in der Niederlande nach der gewonnen Wahl vom Berner Club die Butter vom Brot nehmen lassen.

In diesem Zusammenhang ist übrigens auch die italienische Ministerpräsidentin zu erwähnen, die den Durchbruch erst geschafft hat, nachdem sie dem Aspen Institut beigetreten war. Wenig überraschend erfand sie sich nach ihrem Wahlsieg neu. Die Wähler in Europa können einem schon fast Leid tun. Es ist offenbar unmöglich, das eigene Land vor dem Untergang zu retten, denn selbst die vermeintlichen Retter entpuppen sich als Agenten der Gegenseite.

Und wer ist die Gegenseite? Gegner gibt es viele, denn Politik ist ein Nullsummenspiel, bisweilen sind es sogar die eigenen Freunde und Partner. Insoweit möchte ich das Entwurfspapier zur Wolfowitz-Doctrin zitieren:

„Our first objective is to prevent the re-emergence of a new rival. This is a dominant consideration underlying the new regional defense strategy and requires that we endeavor to prevent any hostile power from dominating a region whose resources would, under consolidated control, be sufficient to generate global power. These regions include Western Europe, East Asia, the territory of the former Soviet Union, and Southwest Asia.“

Gemeint mit dem neuen/alten Rivalen in Westeuropa, war Deutschland. Wohl aufgrund der Reaktion wurde dieses Ziel jedoch zumindest offiziell revidiert.

 

Nachtrag (05.07.2024): Man musste leider einige Standpunkte hinten anstellen. Das sind rein zufällig genau die Standpunkte, für die man gewählt wurde. Von dem Gedanken, dass das Volk in einer gelenkten Demokratie die Richtungsentscheidungen trifft, kann man sich getrost verabschieden. Das zeigt bereits der Umstand, dass der Amtsvorgänger zwischenzeitlich zum NATO-Generalsekretär „gekürt“ wurde. Das ist die europäische Nachkriegsordnung.