Der Inspekteur des Heeres beklagt in der WELT – bitte anschnallen – die fehlende Möglichkeit der Bundeswehr zu abhörsicherer Kommunikation. Das ist durchaus ein handfester Skandal, denn aus dem Debakel der Enigma sollte nicht nur die Bundeswehr, sondern eigentlich jede Armee gelernt haben.

Was in der Berichterstattung allerdings nicht erwähnt wird, ist der Umstand, dass Deutschland nach dem Krieg die Kryptographie verboten wurde. Ja, aber dieses AHK-Gesetz wurde doch im Jahre 1955 aufgehoben, könnte man einwenden. Das ist richtig, aber das heißt nicht, dass es die BRD die ehemalige Verpflichtung nicht auch völlig freiwillig weiterbefolgt. So haben die deutschen Bundeskanzler, mutmaßlich bis zur Wiedervereinigung, z.B. bei Amstantritt völlig freiwillig die Alliierten Vorbehaltsrechte bestätigt. Diese sahen u.a. vor, dass die Westalliierten zum Schutze ihrer Besatzungstruppen, bzw. der später völlig freiwillig auf dem Gebiet der BRD stationierten fremden Truppen, den gesamten deutschen Funk-, Telefon- und Briefverkehr überwachen durften. Seit 1959 ist dies auch im Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut geregelt. Das könnte der Grund sein, warum bei der Bundeswehr nur eine schwache Verschlüsselung verwendet wird, die es leider nicht nur unseren westlichen Freunden und Partnern ermöglicht, die Kommunikation abzuhören. Wer die These vertritt, dass die Bundeswehr gezielt sabotiert wird, damit von Deutschland garantiert keine Gefahr ausgeht, dürfte sich bestätigt fühlen.

Bemerkenswert ist übrigens auch der Umstand, dass die Entwicklung des verschlüsselten Anwaltspostfachs beA von der Anwaltskammer freihändig an eine französische Siemens-Tochter vergeben wurde. Da französische Kryptographie-Unternehmen gesetzlich zur Kooperation mit Sicherheitsbehördern verpflichtet sind, ist davon auszugehen, dass neben dem BKA zumindest auch der französische Geheimdienst über ein entsprechendes Backdoor verfügt.

 

Exkurs: Warum es wichtig ist, dass unsere Freunde und Partner, was die Bundeswehr anbetrifft, immer auf dem neusten Stand sind, zeigt der „Weltbühne Prozess“ aus der Weimarer Republik. Schon damals war es ein Anliegen der auslandsfreundlichen Presse den Watchdog der Reichswehr zu spielen und militärische Geheimnisse öffentlich zu machen, die einen Verstoß gegen den Versailler Vertrag darstellten. Auch die Spiegel-Affäre war im Prinzip nichts anderes, nur während die Redakteure der Weltbühne damals noch verurteilt wurden, musste diesmal Verteidigungsminister Strauß seinen Hut nehmen. Die Bundesregierung unter Adenauer hatte damit sichtbar unter Beweis gestellt, dass sie für das Ausland verlässlicher war, als ihre Weimarer Kollegen. Dass der Bundeskanzler zunächst noch BND-Chef Reinhard Gehlen feuern wollte, ist zu vernachlässigen, denn der saß offenkundig am längeren Hebel.