Die neuste Verschärfung des Sexualstrafrechts hat nun eine Lehrerin erwischt, die eigentlich nur Gutes im Sinne hatte. Sie wurde über ein „intimes Video“ einer Schülerin informiert und hat sich dieses offenbar auf ihr Handy schicken lassen.

Die Norm, die dadurch verletzt worden sein soll, ist § 184d Abs. 3 StGB.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen, die z.B. in Absatz 5 geregelt sind:

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1. staatlichen Aufgaben,
2. Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3. dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

Damit dreht sich der Fall um die Frage, ob die Lehrerin hier als Verteidigerin der Rechtsordnung agieren durfte. Das heißt: Gehört es zu ihren dienstlichen bzw. beruflichen Pflichten, sich einen Eindruck über mutmaßliche Ordnungsverstöße zu verschaffen und ggf. diesbezüglich Beweismittel zu sichern?

In Rheinland-Pfalz gibt es eine Übergreifende Schulordnung (ÜSchO), in der im 14. Abschnitt die Verstöße gegen die Ordnung geregelt sind. Gem. § 36 ÜSchO wird die diesbezügliche Aufsicht durch die Lehrkräfte ausgeübt. Siehe dazu auch die Ausführungen zur Nutzung des Internets auf der Webseite des Bildungsservers RLP. Dort steht u.a.:

Lehrkräfte sind jedoch nicht unbeschränkt aufsichtspflichtig. Gibt es beispielsweise unangemessene oder jugendgefährdende Inhalte in einem Gruppen-Chat der Klasse, an dem eine Lehrperson nicht teilnimmt, kann sie auch ihre Aufsichtspflicht nicht ausüben. Erfährt sie jedoch von den Inhalten und stellt sie fest, dass die Inhalte den Klassenverband oder den Schulfrieden stören, wird es – nicht aus rechtlichen aber sicherlich aus pädagogischen Gründen – notwendig sein, diese Ereignisse aufzugreifen.

Darüber hinaus gibt es noch eine Dienstordnung für Lehrkräfte und dort den Punkt 2.14.1.:

Die Schulleiterin oder der Schulleiter meldet schwere Straftaten sowie alle Unfälle den zuständigen Behörden, bemüht sich um die Beweissicherung, unterstützt die mit den Ermittlungen Beauftragten und teilt den Sachverhalt der Schulbehörde unverzüglich mit. Sind Schülerinnen oder Schüler an einer Straftat beteiligt, so können in Fällen, in denen keine sonstigen verbindlichen Vorgaben bestehen, vor einer Meldung an die Polizei zunächst pädagogische Maßnahmen erwogen werden; diese sind mit der Schulbehörde abzustimmen. Die einschlägigen Regelungen für den Umgang mit Krisensituationen an Schulen sind zu beachten.

Die einschlägigen Regelungen zum Umgang mit Krisensituationen finden sich >> hier <<.

Damit stellt sich mal wieder die Frage: Where is the problem? Nach meiner Rechtsauffassung fällt die Beschuldigte als Lehrerin unter § 184d Abs. 5 StGB. Sie hat im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht das Beweismaterial sichergestellt. Nun mag es Zeitgenossen geben, die behaupten, die Lehrerin hätte zuerst die Schulleitung informieren müssen, bevor sie die Beweise sichert. Das ist letztlich die Frage, wie bei Gefahr im Verzug vorzugehen ist. Hier dürfte aufgrund der akuten Gefahr für das Kindeswohls sofortiges Eingreifen angesagt gewesen sein. Entscheidend ist nun das Zwischenverfahren. Dort kann das zuständige Gericht die Eröffnung der Hauptverhandlung aus rechtlichen Gründen ablehnen. Sollte dies nicht geschehen, käme es allerdings einer faktischen Vorverurteilung gleich. Sollte sich dies in einer Verurteilung manifestieren, auch Richter machen Fehler, wäre hier die Sprungrevision anzuraten.

Abschließend möchte ich eine Handreichung für Lehrpersonal des LKA Niedersachsen aus 2017 erwähnen. Dort steht in einer Q&A unter Punkt 3.13:

Wie kann ich selber Beweise sichern?
Wenn auf den Geräten Chatverläufe, Bilder u. s. w. vorhanden sind, könnten diese mittels Screenshots gesichert werden. Jedes Smartphone / Tablet verfügt über diese Funktion. Alternativ könnte man mit dem eigenen Gerät ein Foto fertigen. Bei Webseiten ist es hilfreich, die vollständige URL (also www-Adresse) zu sichern. Aus der URL kann z. B. der Nickname ersichtlich sein, den es nur einmalig gibt, z. B. www.facebook.com/max.muster1. Im Gegenzug kann der Nickname „max muster“ bei Facebook mehrfach vergeben werden. Jeder „max muster“ bekommt in der URL aber einen anderen Zusatz, z. B. „max.muster1“

Auch dort wird aus dem Kontext klar, dass die Beweissicherung durch das Lehrpersonal quasi selbstverständlich als zulässig angesehen wird. Das ist jedoch lediglich eine Rechtsansicht, die allenfalls bei der Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums eine Rolle spielt.