Friedrich Nietzsche entwickelte in seinem Hauptwerk „Also sprach Zarathustra“ einst den Gedanken vom „Willen zur Macht„. 102 Jahre später behauptete Erich Honecker, in gewisser Weise auch ein Philosoph, „Den Sozialismus in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf“. Die jüngsten Entwicklungen in Südeuropa zeigen gerade, wie Sozialisten versuchen, beide Ideen gekonnt zu vereinen. Dass sie dabei nicht immer erfolgreich sind, liegt auf der Hand.

In Spanien ließ sich Pedro Sanchez bereits zum zweiten mal zum Ministerpräsident wählen, obwohl er bislang immer noch keine einzige Parlamentswahl gewonnen hat. Nachdem die Konservativen, die aus der letzten Wahl als stärkste Partei hervorgingen, keine Regierungsmehrheit erzielen konnten, gelang es ihm, eine Koalition mit Staatsfeinden zu schließen. Geht das in Ordnung, oder muss seine Wahl rückgängig gemacht werden? Das geht natürlich völlig in Ordnung, weil er Sozialist ist, und damit per Definition Demokrat. Dass einige Bürger damit offenkundig ein Problem haben, interessiert keinen. Die kann der Staat dank seiner Definitionshoheit im Zweifel selbst zu Staatsfeinden erklären. Sanchez demonstriert, das man für die Macht ggf. Opfer bringen muss.

In Portugal wurden Informationen aus einem Ermittlungsverfahren geleaked. Ein hohes Regierungsmitglied namens „Costa“ soll angeblich in Korruption verwickelt gewesen sein. Daraufhin trat der sozialistische Ministerpräsident Costa zurück. Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, laufen die Ermittlungen jedoch gegen einen Kollegen, den Wirtschaftsminister Costa. Ok, shit happens! Vielleicht steckten beide unter einer Decke, dann geht es zumindest im Ergebnis in Ordnung. Dem „falschen“ Costa ist in jedem Fall der Vorwurf zu machen, dass sein Wille zur Macht offenkundig nicht stark genug gewesen ist.

Apropos unter einer Decke: Als der Kanzleramtsspion Günter Guillaume enttarnt wurde, wollte Willy Brandt Selbstmord begehen. Dass Brandt im Zweiten Weltkrieg unter dem Decknamen „Polarforscher“ u.a. für den sowjetischen Geheimdienst NKWD gearbeitet hat, war der Öffentlichkeit damals noch nicht bekannt. Dass der BND Kenntnis hatte, der ihn zeitweise überwacht hat, darf allerdings vermutet werden. Letzte Zweifel an Brandts Integrität wurden spätestens 1976 ausgeräumt, als er zum Vorsitzenden der Sozialistischen Internationale gewählt wurde. Sein Verhältnis zur Macht bleibt jedoch ungeklärt.