Bei der Berichterstattung über tragische Ereignisse bekommen wir häufig Bilder von kleinen Kindern präsentiert, idealerweise mit großen Kulleraugen. Ein schönes Beispiel dafür ist – wie so oft – ein aktueller Artikel des Spiegels. Man hätte sich natürlich auch andere Fotos aussuchen können, wie z.B. ein Mann, der aus irgendwelchen Gründen eine Frau trägt, als gerade – rein zufällig oder auch nicht – eine Kamera auf ihn gerichtet ist. Beim Spiegel hat man jedoch das Bild mit den beiden niedlichen Kindern gewählt, weil man vermutlich ein Phänomen kennt, das unter dem Namen „Klick-Surr-Effekt“ in der Sozialwissenschaft bekannt ist. Im Prinzip geht es darum, dass Forscher in Experimenten nachgewiesen haben, dass man menschliches Instinktverhalten, hier konkret den Brutpflegeinstikt, zu Propagandazwecken instrumentalisieren kann.

Dieses Instinktverhalten wird im Unterbewusstsein aktiviert, wenn man Menschen, insbesondere Frauen, Bilder von hilfsbedürftigen kleinen Kindern zeigt. Sie tendieren daraufhin, Hilfe anzubieten oder Hilfe zu befürworten, völlig egal, ob sie dadurch selbst massive mittelbare Nachteile erleiden. Das ist auch der Grund, warum die Propaganda unbedingt hässliche Bilder benötigt, z.B. von ahnungslosen Zivilisten, die durch Minen getötet wurden. Deshalb werden z.B. Rettungskorridore vermint. Man will diese Bilder haben und geht dabei über Leichen. Um an solche Bilder zu kommen, gehen „Journalisten“, die nicht selten im Auftrag eines Geheimdienstes stehen, bisweilen hohe persönliche Risiken ein. Wenn sie dabei ums Leben kommen, wäre auch das eine Story.

Bleibt noch die Frage offen, wieso ein Bürgermeister die Situation seiner Ortschaft mit der jahrelangen Belagerung Leningrads vergleicht. Die Antwort ist einfach: Nazivergleiche sind immer gut. Natürlich ist auch sonnenklar, dass die Russen keinen Häuserkampf riskieren wollen, weil dies zu unübersehbaren Kollateralschäden und den hässlichen Bildern führt. Das erlaubt es den Ukrainern, auf Kosten der Zivilbevölkerung ihren Durchhaltewillen zu signalisieren.

 

Nachtrag: Hier ist dasselbe von t-online. Die Propaganda ruft „Tschieb Tschieb“ um Ihr Gehirn auszuschalten und den Brutpflegeinstikt zu triggern.

Update (12.03.2022): Auch die Tagesschau ruft „Tschieb Tschieb“ und präsentiert im Video eine junge Pianistin in akuter Lebensgefahr. Selbstverständlich behaupte ich nicht, dass in den Medien generell nur mit Bildern von niedlichen Kindern gearbeitet wird. Ein Gegenbeispiel gibt es von der Hessenschau.