Wer sich mit der Parteiengeschichte beschäftigt, kommt über die CDU zum politischen Katholizismus in Deutschland. Die „Union“ ist bekanntlich eine Nachkriegsgründung mit finanzieller Unterstützung der Besatzungsmächte, die sich zum Ziel gesetzt hat, die traditionelle Spaltung zwischen Katholiken und Protestanten zu überwinden. Sie war jedoch in erster Linie – nicht zuletzt unter dem Katholiken Adenauer – die Nachfolgeorganisation der Zentrumspartei. Diese wiederum wurde von Bismarck in der Kaiserzeit zu den sog. „Reichsfeinden“ gezählt und erfolglos im sog. „Kulturkampf“ bekämpft.

Rückblende: Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde das Ende der katholischen Alleinherrschaft in Deutschland endgültig besiegelt und das Land in Katholiken und Protestanten gespalten. Das Haus Brandenburg war protestantisch und damit ein Gegner der katholischen Kirche, der natürlich auch weiterhin zu „bekehren“ war, sofern sich eine Gelegenheit bietet, wie z.B. im Siebenjährigen Krieg. Die militärischen Versuche scheiterten jedoch und das protestantische Preußen konnte sich als Großmacht etablieren und hatte nach dem Sieg über Napoleon eine Vormachtstellung im Deutschen Bund.

Der Vatikan war schon damals ein eigenständiger Kirchenstaat, der quasi von Italien umgeben war, das unter österreichscher Herrschaft stand. Seine Souveränität wurde zunächst von Frankreich und Österreich garantiert. Österreich war jedoch in Folge der sukzessiven italienischen Unabhängigkeit beginnend im Jahre 1859 aus dem Rennen. Der Kirchenstaat wurde seither durch französische Truppen verteidigt. Frankreich und Österreich schlossen übrigens im Jahre 1866 einen Geheimvertrag für den Fall eines Krieges gegen Preußen. Bismarck hingegen schloss seinerseits einen Allianzvertrag mit Italien. So kam es, wie es kommen musste: Als wenig später auf Antrag Österreichs der Deutsche Krieg ausbrach, eröffnete Italien eine zweite Front gegen Österreich. Im Ergebnis flog Österreich nicht nur aus dem Deutschen Bund, sondern verlor auch seine Besitztümer in Italien. Als dann im Jahre 1870 das katholische Frankreich den protestantischen Preußen den Krieg erklärte und seine Truppen notgedrungen aus Italien abziehen musste, wurde der Kirchenstaat vom Königreich Italien kampflos annektiert. In der Folge war der Papst fast nur noch auf politische Mittel angewiesen, wofür er sich 1870, quasi als ersten Schritt, die eigene Unfehlbarkeit attestierte. Per Definition Recht zu haben, ist bekanntlich sehr hilfreich. So kam es dann auch, dass sich zufällig noch im selben Jahr im protestantischen Preußen die Zentrumspartei gründete. Die „Unfehlbarkeit“ des Papstes, der mit den Interessen des Kriegsgegners sympathisierte, stand im Gegensatz zur Entscheidung des weltlichen Königs, der sich auf die Evangelische Landeskirche stützen konnte.

Fast forward: Nachdem das vom protestantischen Preußen dominierte deutsche Kaiserreich 1918 endlich besiegt war, die politischen Katholiken hatten sich natürlich zusammen mit der SPD während der sog. „Novemberrevolution“ für einen „Verständigungsfrieden“ (= Kapitulation) eingesetzt, bildete die Zentrumspartei in der neugegründeten Weimarer Republik zusammen mit der SPD und dem Vorgänger der heutigen FDP die sog. Weimarer Koalition. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten schloss der neue Reichskanzler, ein ehemaliger Kunstmaler aus dem katholischen Österreich, bereits wenige Monate später das Reichkonkordat mit dem Vatikan, das noch heute gilt. Damit waren die Vertreter der katholische Kirche zufriedengestellt.

Fast forward: Nach Kriegsende lösten die Alliierten nicht nur den Staat Preußen auf, sie erinnerten sich auch noch rein zufällig daran, wer im Kaiserreich die größten Gegner Preußens waren, die guten alten „Reichsfeinde“. Diese Kräfte wurden in der neugegründeten Bundesrepublik sodann in den Sattel gehoben, wo sie natürlich noch heute sitzen. Wenn der Begriff „Antideutsche“ fällt, dann ist diese Bezeichnung lediglich ein Sammelbegriff. Man muss differenzieren zwischen Gegnern des deutschen Nationalstaates, wozu historisch die von Frankreich unterstützten „Sozialisten“ gehören, und Gegnern des protestantischen Preußens, wozu der von Vatikan unterstützte politische Katholizismus gehört. Wenn heute sonderbare Grüchte die Runde machen, dass der Spitzenkandidat der Union im Falle einer Niederlage in den Vatikan abtauchen könne, dann wissen Sie nun, womit das seine Bewandtnis hat.

 

Fun Fact: Die Machtergreifung des österreichischen Kunstmalers in Deutschland wurde übrigens nicht nur durch den Zentrumspolitiker Franz von Papen ermöglicht, in ganz Europa und im katholischen Südamerika bestand damals ein Trend zum sog. „Klerikalfaschismus„. Davon hört man heute nichts mehr.