Die CDU hat ein neues Grundsatzprogramm vorgestellt. Die BILD-Zeitung beschwört bereits den Bruch mit der Ära-Merkel. Erinnerung an Kohls „Geistig-moralische Wende“ werden geweckt, aus der damals leider nichts wurde, aber man soll die Hoffnung bekanntlich nicht aufgeben. Schon Rainer Barzel behauptete, nachdem er von Kohl abserviert worden war, dass es noch nicht zu spät sei.

 

 

Das Medienportal t-online hat die einzelnen Punkte des neuen Grundsatzprogramms zusammengefasst. Ich erlaube mir eine Kommentierung:

Migration: Konzept der sicheren Drittstaaten
Das klingt zunächst sehr vielversprechend, liegt jedoch als EU-Aufgabe nicht im Verantwortungsbereich der CDU. Den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gibt es übrigens auch noch, der solche Vorhaben gerne nachträglich torpediert, weil sie seiner Rechtsprechung im Wege stehen.

Humanitäre Kontingente
Diese Kontingente können gering ausfallen, oder auch nicht. In solchen Fragen hört man auf sog. „Experten“. Wie wäre es z.B. mit 400.000 pro Jahr?

Leitkultur: Bekenntnis zu Existenzrecht Israels enthalten
Dass dieser fromme Wunsch letztlich nur ein Lippenbekenntnis ist, dürfte klar sein, denn Konsequenzen gibt es nicht, weil es sie nicht geben kann. Art. 16 GG verbietet die Ausbürgerung. Im schlimmsten Fall dürfte es auf eine sog. „Gefährderansprache“ hinauslaufen.

Extremismus: „Scharia gehört nicht zu Deutschland“
Den Islam von der Scharia zu trennen, ist so ähnlich, wie das Christentum von den Zehn Geboten zu trennen, nur weil die BRD ein Strafgesetzbuch hat.

Verpflichtendes Gesellschaftsjahr und Sprachtests
Dieses sog. „verpflichtende Gesellschaftsjahr“ hieß früher mal „Wehrpflicht“. Sie galt für alle jungen Männer und soll als „Schule der Nation“ gewirkt haben. Sonderverpflichtungen bestimmter Gruppen zu Arbeitsleistungen verstoßen gegen Art. 12 Abs. 2 GG. Was den Sprachtest anbetrifft, so gibt es ihn bereits.

Rente: Vieles spreche für steigende Lebensarbeitszeit
Länger zu arbeiten, ist bekanntlich der Wunschtraum aller Deutschen. Wenn man im zarten Alter von 68 keinen Job mehr findet, darf man das angesparte Vermögen einsetzen, um die Zeit bis zur Rente zu überbrücken. Wer früher stirbt, ist länger tot. Dieses Selbstopfer entlastet die Rentenkassen garantiert.

Haushalt: Gegen Schattenhaushalte
Was ist ein Schattenhaushalt? Ein Schattenhaushalt ist z.B. ein 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr, um die Waffen zu ersetzen, die man an die Ukraine verschenkt hat. Nachtrag: Der neuste Kompromiss beinhaltet, dass Waffen gekauft werden, um sie direkt an die Ukraine zu verschenken.

Arbeitsmarkt: Überstunden bei Vollzeit steuerfrei
Leistung soll sich lohnen. Übermäßige Leistung soll sich noch mehr lohnen. Das macht Sinn, wenn man die Erholungsphasen ausblendet.

Bundeswehr soll zur Gefahrenabwehr im Innern eingesetzt werden
Sollte irgendwer das Kalifat ausrufen, oder alternativ das Vierte Reich, muss man dagegen entschlossen vorgehen. Offenbar soll es nach Ansicht der CDU künftig noch entschlossener geschehen, als in Art. 87a Abs. 4 GG vorgesehen. Das klingt zwar sehr tapfer, erfordert jedoch eine Grundgesetzänderung.

Energie: Deutschland kann nicht auf Kernkraft verzichten
Man kann alles erreichen, wenn man es nur wirklich will. Das behaupten zumindest amerikanische Motivationstrainer.

Gendern: Für geschlechtergerechte Sprache, aber gegen „Gender-Zwang“
Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Die Wurzel des Problems ist die Istanbul-Konvention. Aus der Nummer kommt man nicht so leicht wieder raus. Besonders hübsch ist diesem Zusammenhang ein Artikel der WELT, der bereits beim Titelbild zeigt, was sog. „Sachzwänge“ in der Praxis bedeuten.

 

P.S.: Ferner ist anzumerken, dass einer der beiden künftigen Koalitionspartner, denn es wird auf eine Neuauflage der Weimarer Koalition hinauslaufen, am selben Tag zu einem zentralen Thema, das bei der Bevölkerung für große Verunsicherung sorgt, offenkundig eine diametral gegenteilige Ansicht vertritt. Es kann natürlich auch ein geschicktes Timing der CDU sein, zeitnah auf den SPD-Parteitag zu reagieren, aber am Ende macht es keinen Unterschied.