In „Ostfrankreich“, offenbar die politisch korrekte Bezeichnung für Elsass-Lothringen, ereignete sich ein Vorfall, der Ermittlern und Kriminologen Rätsel aufgibt. Eine Deutsche rief bei der Polizei im hessischen Wiesbaden an, sie werde von ihrem Ehemann, ebenfalls einem Deutschen, seit 11 Jahren in der gemeinsamen Wohnung gefangen gehalten und gefoltert. Die französische Polizei verschaffte sich daraufhin Zutritt zu der Wohnung und fand die Frau, nackt und in schlechtem Zustand. Die Fenster waren mit Maschendraht gesichert und es befand sich der Wohnung auch noch eine „Folterbank“. Der Laie weiß sofort: Schuldig! Nicht so der Experte, der keine vorschnellen Schlüsse zieht. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Frau weder Knochenbrüche noch blaue Flecken aufwies. Zudem befanden sich auch noch 10 Katzen in der Wohnung, die durch den Maschendraht „offensichtlich“ am Entweichen gehindert werden sollten. Da die Frau zu allem Überfluss auch noch geistig verwirrt zu sein scheint, was nach 11 Jahren der Gefangenschaft unter solchen Bedingungen kein Wunder wäre, glaubte man dem Ehemann, der als Beschuldiger die Aussage verweigern, die Wahrheit sagen, oder auch lügen darf, er habe seine Ehefrau krankheitsbedingt gepflegt, und setzte ihn wieder auf freien Fuß.

Ob man die Nachbarn befragt hat, wann die Frau zuletzt gesehen wurde, oder ob man bei Ärzten im Umkreis recherchiert hat, ob sie in Behandlung war, oder ob Behörden unterrichtet waren, ist nicht überliefert, es darf jedoch vermutet werden. Solche Ermittlungen hätte selbst Inspektor Clouseau angestellt.

Mir scheint allerdings, dass hier ein Aspekt bislang unter den Tisch gefallen ist: Körperverletzung durch Unterlassen. Auch bei einer „privaten Pflege“, ob mit oder ohne „Folterbank“ sei mal dahingestellt, darf es schlichtweg nicht zu „nicht zufriedenstellenden Bedingungen bei der Pflege einer kranken Person“ kommen. Ganz „off the hook“, wie es der französische Staatsanwalt mit den vorläufigen Erkenntnissen nahelegt, ist der Ehemann mit der Nummer nicht.