Das Nachrichtenportal t-online meldet die Verurteilung eines sog. „Ex-Top-Anwalts“. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, ist er seine Zulassung los.

„Der Ex-Topanwalt hatte die Maple Bank bei Cum-Ex-Deals beraten, bei denen lange unklar war, ob sie illegal waren. Freshfields erstellte Gutachten über die steuerliche Zulässigkeit der Aktien-Deals. Der Anwalt habe „bewusst Gefälligkeitsgutachten erstattet (…), um den Geschäften einen vermeintlich legalen Anschein zu geben“, hatte die Generalstaatsanwaltschaft erklärt.“

Bemerkenswert ist dabei, dass das Erstellen sog. „Gefälligkeitsgutachten“ im Strafgesetzbuch bislang explizit nur für Ärzte unter Strafe gestellt ist, vgl. § 278 StGB. Das kann man auch leicht selbst prüfen. Suchen Sie im StGB einfach nach der Passage „zur Täuschung im Rechtsverkehr“. Dort werden Sie ein paar Normen finden, die hier jedoch offenkundig allesamt nicht einschlägig sind.

Weshalb wurde er dann verurteilt? Wegen Beihilfe zur schweren Steuerhinterziehung. Mit anderen Worten, sein Privatgutachten, das beim Finanzamt niemanden interessiert haben dürfte – nicht zuletzt, weil es bezüglich des einschlägigen BFH-Urteils einen Nichtanwendungserlass gab – soll für die schwere Steuerhinterziehung kausal gewesen sein. Dies dürfte insbesondere vom dem Hintergrund fraglich sein, dass auch andere Banken, die nicht über ein Gutachten des Angeklagten verfügten, mit derselben Nummer durchgekommen sind. Es reicht allerdings auch das Bestärken des Haupttäters zur Tat.

Warum geben die Unternehmen solche Gutachten in Auftrag? Damit die Entscheidungsträger hinterher behaupten können, sie seien einem Verbotsirrtum erlegen. Es geht letztlich darum, den Anwalt als Sündenbock in der Hinterhand zu haben, quasi als Versicherung. Genützt hat es ihnen hier jedoch nichts.

Der Anwalt wiederum hat sich scheinbar nur „berufsneutral“ verhalten, denn steuerberatende Großkanzleien erstellen solche Gutachten regelmäßig. Der Staatsanwaltschaft gelang es jedoch, die – aus Sicht des Gerichts – glaubhafte Verschwörungstheorie zu konstruieren, Anwalt und Mandant hätten unter einer Decke gesteckt. Damit hat das vermeintlich nutzlose Gutachten letztlich doch noch was genützt. Harte Zeiten für die Gefälligkeitsgutachtenindustrie.

Der Fall wird mit Sicherheit vor dem BGH landen, der seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2016 anwenden, präzisieren oder überdenken kann.