Die Außenministerin ist in Anbetracht der Spannungen zwischen China und Taiwan gerade auf einer Asien-Tour. Dabei hat sie einen Zwischenstopp in Japan gemacht und das Museum zum US-Atombombenabwurf in Nagasaki besucht. Dazu muss man wissen, dass die beiden Atombomben, die Truman über Japan abgewerfen ließ, ursprünglich für Deutschland bestimmt waren. Die offizielle Narrative lautet, dass Truman durch diesen Massenmord an japanischen Zivilisten das Leben amerikanscher Soldaten gerettet habe, die bei einer Fortsetzung des Krieges ums Leben gekommen wären. Ich behaupte jedoch – insoweit ist das natürlich nur eine sog. „vereinzelte Meinung“ – die Kapitulation Japans hätte auch erzwungen werden können, indem man die Waffe vor den Augen japanischer Vertreter auf einer unbewohnten Region demonstriert, z.B. auf einer Insel, wie wenig später auf dem Bikini-Atoll.

Das Ergebnis dieser Truman’schen Machtdemonstration war allerdings nicht nur, dass der 2. Weltkrieg beendet wurde, es war zugleich für die ganze Welt erkennbar, dass man sich nicht mit den USA anlegen sollte. Die Atombombe hat die Welt in zwei Klassen eingeteilt, wie sie in Nietzsches Genealogie der Moral beschrieben sind, in die Herren und die Sklaven. Während die einen ihre Stärke und ihren Stolz nach außen präsentieren, verherrlichen die anderen Mitleid, Hilfsbereitschaft, Gedult und Demut. Zu welcher Klasse die Deutschen gehören, ist offenkundig.

Am 23. Oktober 1954 musste Adenauer den Verzicht der Bundesrepublik auf ABC-Waffen erklären. Insgeheim behielt er sich die Option jedoch offen, was zu Verstimmungen mit Kennedy führte. Adenauers Verteidigungsminister Franz Josef Strauß wurde in der Folge über die berühmt berüchtigte Spiegel-Affäre zum Rücktritt gezwungen. Nachdem Adenauer dann auch noch an den USA vorbei das israelische Atomwaffenprogramm in Dimona unterstützt hatte, platzte dem US-Prädidenten der Kragen. Adenauer wurde abgelöst und Kennedy wurde ermordet. 1969 musste Brandt den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen. 1990 musste Deutschland bei der Wiedervereinigung im 2+4 Vertrag nochmals den Verzicht auf ABC-Waffen bekräftigen. 2011 wurde der Atomausstieg beschlossen, mit dem man die Möglichkeit verliert, Plutonium herzustellen. 2021 stieg Deutschland auch noch aus der Uranförderung aus.

Die Außenministerin versucht nun aus der eigenen Hilflosigkeit eine Tugend zu machen und fordert die weltweite atomare Abrüstung. In Anbetracht der Risiken, die Staaten wie Israel, Iran und Nord-Korea eingegangen sind, um an Atomwaffen zu kommen, ist das natürlich völlig naiv. Kein einziger der Herren-Staaten wird sich jemals zum Sklaven-Staat machen lassen, weil er ansonsten mit dem Klammerbeutel gepudert wäre. Das klingt zwar alles sehr nett und freundlich, aber niemand außer Deutschland macht sich freiwillig erpressbar. Nur weil wir das tun, muss man nicht von sich auf andere schließen.

 

P.S.: Ob die Außenministerin weiß, dass die Entwicklung der amerikanischen Atombombe auf eine „Indiskretion“ des deutschen Atomforschers Werner Heisenberg zurückgeht? Es wäre schon sehr makaber gewesen, wenn Heisenberg erst zu unfähig ist, die kritische Masse korrekt zu berechnen, dann zu blauäugig, dies einem feindlichen Forscher mitzuteilen, und dann auch noch die Bombe auf Deutschland gefallen wäre. Dass es Japan traf, ist tragisch. Makaber wird es allenfalls, wenn man die Fracht von U-234 bedenkt, denn der Verbleib ist ungeklärt. Diese Story kann allerdings auch Propaganda sein.

Nachtrag (12.07.2022): Die Amerikaner geben schon mal Public Service Tipps, wie man sich richtig verhalten soll, wenn es knallt. Ich finde die alten Spots irgendwie besser. Bei „Duck and Cover“ kann man sogar mitsingen. Indiana Johnes‘ Idee mit dem Kühlschrank soll übrigens nicht funktionieren. Schade!