Der Tagesspiegel meldet, dass eine 16-Jährige wegen eines zweideutigen Schlumpf-Videos aus dem Unterricht geholt wurde und eine Polizeiansprache erhielt. Der Schuldirektor hatte den Vorgang an die Sicherheitsbehörden gemeldet.

Natürlich stellt sich hier die Frage, ob die Polizeiansprache verhältnismäßig war, oder ob vielmehr mit Kanonen auf Spatzen geschossen wurde, aber auf die offenkundige Unverhältnismäßigkeit möchte ich hier gar nicht weiter eingehen, sie liegt auf der Hand. Viel interessanter ist die Motivlage der Beamten.

Stellen Sie sich dazu einfach vor, Sie seien ein Schuldirektor und möchten auch weiterhin Schuldirektor bleiben. Was fällt Ihnen ein, wenn Sie mitgeteilt bekommen, dass eine der Schutzbefohlenen ein „feindlich-negatives“ Video geteilt hat? Als Erstes wird Ihnen durch den Kopf gehen: „Verdammt! Warum  ausgerechnet hier? Warum ausgerechnet ich?“. Als Nächstes fallen Ihnen dazu vermutlich zwei Dinge ein: Da hätten wir zum einen die Flugblatt-Affäre, und zum anderen die alte Dienstweisheit „Melden macht frei„. Wenn man die Tastatur vor sich hat, liegt es nahe, ein E-Mail an die Polizei zu schreiben.

Stellen Sie sich ferner vor, Sie seien bei der Polizei und möchten auch bei der Polizei bleiben. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie dieses E-Mail lesen? Vermutlich denken Sie: „Verdammt! Warum ausgerechnet hier? Warum ausgerechnet ich?“. Dann werden Sie im kurz in Erwägung ziehen, das SEK anzufordern. Wenn sich der erste Schock gelegt hat, werden Sie darüber nachdenken, was Sie sonst noch tun können, um ihre vorbildliche Haltung aktenfest zu dokumentieren. So erklärt sich dann auch diese vollkommen überflüssige Ansprache. Dass man sich damit hinterher den Spott der Medien zuzieht, damit kann man leben. Disziplinarische Maßnahmen werden garantiert nicht folgen. Die Klippe ist jedenfalls umschifft und die Pension ist gerettet.

Dieser Fall steht exemplarisch für die zunehmende Angst der Beamten um ihren Job. In der Praxis führt die Verunsicherung zu vorauseilendem Gehorsam und unverhältnismäßigen Maßnahmen. Ich glaube, man kann es den Beamten nicht mal übel nehmen, denn im Zweifel ist jeder sich selbst der Nächste. Das darf natürlich nicht sein und es sollte nicht sein, aber beim „Kampf gegen Rechts“ gilt das Motto jeder Metzgerei: Darf’s auch ein bisschen mehr sein?

P.S.: Wem der Name Uwe Barschel etwas sagt, der wird sich vielleicht auch noch an die Dönitz-Affäre erinnern.

Nachtrag (20.03.2024): Es soll in Wahrheit nicht um Schlümpfe gegangen sein, sondern um „tief rechte Symbolik„. Das wäre ein anderer Sachverhalt.