Was ist noch eine erlaubte Meinung und was ist bereits eine strafbare Beleidigung? Diesmal hat es einen Richter im Ruhestand erwischt, der optisch eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Al Bundy (gespielt von Ed O’Neill) aufweist. Dabei hatte die BILD-Zeitung in einem ähnlichen Fall noch vor wenigen Monaten selbst die These aufgestellt, die Bezeichnung „Vollidiot“ reiche nicht als Beschimpfung, um zur Rechenschaft gezogen zu werden. Wenn es weder ein pensionierter Richter, noch die BILD-Zeitung wissen, wie sollen sich Normalbürger richtig verhalten? Stichwort: Unvermeidbarer Verbotsirrtum, § 17 StGB.

Mein Tipp lautet: Lassen Sie es nicht darauf ankommen! Facebook &Co. sind Radarfallen des Amtsgerichts.

Es liegt im Zweifel auch nicht gar an der Person, sondern am Plan. Ich bin mir sicher, dass im Ministerium alles nach Plan läuft. Morgenthau war auch kein „Vollidiot“, obwohl sein Plan, der 1944 von den Alliierten in Quebec beschlossen wurde, sehr nachteilig für Deutschland gewesen wäre. Im Übrigen sind bereits Bundeswirtschaftsminister mit wesentlich höherer Fachkompetenz gescheitert, wie z.B. der noch heute beliebte Wirtschaftsprofessor Dr. Ludwig Erhard. Der war einst mit der Vision vom „Reichtum für Alle“ angetreten, was ein bisschen an das Perpetuum mobile erinnert, und ist damit leider genauso erfolglos geblieben, wie alle anderen postmodernen Alchemisten, die Geld aus Nichts erwirtschaften wollen. Erhard hielt sich selbst bekanntlich nicht für einen Trottel. Der damalige Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt der USA, George W. Ball, beurteilte ihn in einem Memorandum an Kennedy wie folgt:

„Professor Erhard is a man of good-will. In many ways, we should find him easy to work with. He shares our interest in liberal trade (except in agriculture, where he has been content to say that “all nations are sinners”) and he has always recognized the economic advantages of an enlarged European community. In fact, he fought for British admission to the Common Market with energy and courage.
[1 paragraph (7–1/2 lines of source text) not declassified]
The French are reported to be preparing a campaign to win him over, but by temperament and intellect he is at the opposite pole from General de Gaulle. There will not be an easy working relation between a Gaullist France and a Federal Republic under Erhard.“

Wie George W. Ball die Intelligenz und den Charakter Charles de Gaulles beurteilte, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. Wieso halte ich Erhard für gescheitert, denn er steht doch für das Wirtschaftswunder? Nun, zum einen ist es mit dem Wunder so eine Sache, wenn man Waren ins Ausland liefert und sich mit Gold bezahlen lässt, das beim Kunden verbleibt. Zum anderen wurde während seiner Kanzlerschaft der EG-Fusionsvertrag geschlossen. Als Brüssel die Arbeit aufnahm, war das Wirtschaftswunder – wenig überraschend – endgültig vorbei. Der „Reichtum für Alle“ blieb natürlich auch ein Märchen.

Auf die 60 Tagessätze kam im Ausgangsfall im Wege der Gesamtstrafe, weil er angeblich noch ein anderes Posting verfasst hatte. Es ist bedauerlich, dass ich der Verhandlung nicht beiwohnen konnte. Das Plädoyer des Angeklagten in eigener Sache, ein Profi macht das selbst, hätte ich mir gerne angehört.