Das Bundesverfassungsgericht hat § 362 Nr. 5 StPO, eine Regelung aus dem Jahre 2021, für verfassungswidrig erklärt, nach der Strafverfahren wegen Mordes zu Ungunsten des freigesprochenen Angeklagten wieder aufgenommen werden können. Die Regelung sei nicht mit Art. 103 Abs. 3 GG vereinbar.
In Art. 103 Abs. 3 GG steht, dass niemand wegen derselben Tat zweimal bestraft werden darf. Von einmal steht dort nichts. Das kann man allenfalls vom Himmel fallen lassen. Der wahre Grund für die Entscheidung liegt natürlich in der Rechtslage in den USA. Da in Deutschland blind jede Wertentscheidung kopiert wird, die in den USA ergangen ist, hat man in Art. 103 Abs. 3 GG einfach so den amerikanischen Rechtsgrundsatz „Double Jeopardy“ reingelesen.
Korrekt wäre es gewesen, auf das Rückwirkungsverbot in Art. 103 Abs. 2 GG abzustellen. Das Problem dabei ist jedoch, dass das Rückwirkungsverbot durch die Entscheidung des Bundestages im Jahre 1965, den Verjährungsbeginn nachträglich zu verändern, in Schieflage geraten ist. Daraus hat sich ein Selbstläufer entwickelt, dass man im Prinzip einfach nach Gutdünken alles verändern kann, was letztlich in der Regelung aus dem Jahre 2021 gipfelte.
Im Endeffekt kann man sich über dogmatische Spitzfindigkeiten lange streiten, aber zumindest stimmt hier das Ergebnis. Dass ein mutmaßlicher Mörder, der mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit verurteilt worden wäre, frei rumläuft, ist der Preis, den die Gesellschaft für den Rechtsfrieden zu zahlen hat. Nach dem StGB, wie es von 1871 bis 1979 galt, bevor die linksliberale Regierung unter Helmut Schmidt darin rumgepfuscht hat, wäre seine Tat auch verjährt gewesen. Irgendwann muss ein Schlussstrich gezogen werden, andernfalls müsste man die gesamte Geschichte bis zum Mord an Abel rückabwickeln.