Trotz des Medienjubels scheinen die Verkaufszahlen der Memoiren unserer Ex-Kanzlerin offenbar nicht ganz den Erwartungen zu entsprechen.

Demgegenüber möchte ich an den großen Erfolg der dreiteiligen Memoiren Bismarcks erinnern, die trotz des vermeintlich hohen Preises von umgerechnet 160 Euro für die ersten beiden Bände, einstmals reißenden Absatz fanden. Gut, das war zugegeben natürlich noch zu einer Zeit, bevor Bismarck von der seit 1945 herrschenden Meinung zunehmend diskreditiert wurde. Die Reichsgründung wird ihm insbesondere in Frankreich vermutlich niemals verziehen.

Dennoch mag man sich heute fragen, wie es sein kann, dass die Erinnerungen des Einen weggehen, wie warme Semmeln, während die Erinnerungen der Anderen anscheinend nur wenig Interesse wecken? Ein Erklärungsansatz wäre die Korrelation mit dem politischen Erfolg der jeweiligen Person. Der Eine hat diese Nation geschaffen und aufgebaut, die Andere wird von ihren Kritikern für deren Niedergang verantwortlich gemacht. Dabei wäre es doch so einfach gewesen: Anstatt historische Verantwortung zu übernehmen, hätte die Ex-Kanzlerin einfach auf ihre internationalen Verpflichtungen hinweisen können, die ihr keinerlei Handlungsspielraum ließen. Ihre Politik war nicht umsonst alternativlos. Das Problem bei der Verkündung solch unangenehmer Wahrheiten ist jedoch, dass sie nicht zur Narrative „Freiheit“ passen. Ein anderer Erklärungsansatz wäre, dass heutzutage einfach weniger gelesen wird.

P.S.: Auch Wilhelm II. hat sich – wohl nicht zuletzt wegen der Angriffe Bismarcks – berufen gefühlt, im Jahre 1922 seine Sicht der Dinge zu veröffentlichen.

Update (04.12.2024): Die überraschende Wendung! Erstauflage – laut Verlag – vergriffen. Dafür keine Bewertungen mehr bei Amazon.