Die Journalistin Anabel S. ist wegen einer Äußerung auf X (vormals Twitter) in erster Instanz wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Wie üblich hatte dieser Vorgang ein Nachspiel auf X. Ein Abgeordneter der Grünen nahm dazu Stellung, was wiederum die Kritik eines Nachrichtenportals nach sich zog. Im Kern geht es dabei um das Verständnis der Regelungstechnik des Art. 5 GG.

Bei aller Kritik an seinen politischen Ansichten, aber in diesem Fall muss ich besagtem Politiker Recht geben. Die Meinungsfreiheit wird in der BRD nur eingeschränkt gewährt. Erlaubt ist – offenbar für manche überraschend – nicht alles, sondern nur das, was nicht verboten ist. An dieser Verbotsschraube kann der Gesetzgeber quasi nach Belieben drehen, was er auch reichlich getan hat. Insbesondere der berühmt-berüchtigte Volksverhetzungsparagraph wurde über die Jahre immer länger, zu einer Textwand. Es geht in der Sache somit in der Tat lediglich um die korrekte Anwendung des Verbotsgesetzes.

Die Urteilsbegründung liegt mir natürlich nicht vor, aber ich möchte generell auf ein sehr wichtiges Detail hinweisen, das in der öffentlichen Wahrnehmung häufig übersehen wird: § 130 Abs. 8 StGB. Dies wiederum ist ein Verweis auf § 86 Abs. 4 StGB. Dort steht:

„Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“

Die Kunst bei der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens besteht darin, die Aussage so zu formulieren, dass sie von dieser Norm gedeckt ist. Sollte dies der Journalistin in ihrem Ausgangs-Tweet nicht gelungen sein, und das erstinstanzliche Gericht sieht es offenkundig so, dann hat sie eben einen Fehler gemacht. ich gehe davon aus, dass die Sache durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht gehen wird. Sollte die Justiz einen Fehler gemacht haben, so wird dieser korrigiert – ohne, dass daraus Nachteile für die Richter entstehen. Die Angeklagte hat es natürlich nicht so leicht.