Eine Anklageschrift belastet gar nicht, allenfalls Beweise belasten.
Im Falle des bösen Ex-Präsidenten, dem der Amtsinhaber und sein ganz besonders unabhängiger Sonderermittler nur allzu gerne den offenbar sicheren Wahlsieg vermiesen wollen, geht es per se auch gar nicht um eine Anklage, sondern um einen Antrag auf Aufhebung der Immunität, wobei man den amerikanischen Strafprozess ohnehin nicht mit dem deutschen gleichsetzen kann. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist bekanntlich alles möglich. Wem die Abkürzung „COINTELPRO“ etwas sagt, der weiß, dass dort politische Gegner über Jahrzehnte auch mit Mitteln jenseits der Legalität bekämpft wurden. Dazu gehörte u.a. auch das Fälschen von Beweismitteln.
Was die Beweise im vorliegenden Fall anbetrifft, so möchte der ganz besonders unabhängige Sonderermittler am Ende seines 165-seitigen Schriftsatzes offenbar Material aus der Handy-Überwachung des damals noch amtierenden Ex-Präsidenten verwerten (vgl. S. 161). Dies dürfte jedoch unter die Fruit-of-the poisonous-tree-Doktrin fallen, denn diese Überwachung war ohne sog. „court-order warrant“ mit ziemlicher Sicherheit illegal. Erinnerungen an die Watergate-Affäre werden geweckt, nur diesmal ermittelten die Geheimdienste – auf wessen Anweisung eigentlich? – gegen den amtierenden Präsidenten.
Es geht noch besser, denn der Sonderermittler möchte auch noch eine forensische Analyse des Handys durchführen lassen, das der Ex-Präsident zum fraglichen Zeitpunkt benutzt hat. Sollte dieses Handy nicht zufällig direkt im Anschluss beschlagnahmt worden sein, was praktisch ausgeschlossen sein dürfte, stellt sich die Frage, wie man Jahre später überhaupt noch daran gelangen will. Realistisch gesehen dürfte es mittlerweile sogar objektiv unmöglich sein. Damit stützt sich der gesamte Antrag auf Beweise, die höchstwahrscheinlich gar nicht zu erbringen sind. Ob die forensische Analyse des Handys, sollte es überraschenderweise doch noch auffindbar sein, zum gewünschten Ergebnis führt, weiß auch niemand, weil hier lediglich aus der vermeintlich bösen Gesinnung des Beschuldigten auf Tatsachen geschlossen wird, dass er sich dämlicherweise vielleicht doch noch selbst belasten könnte. Damit wird das Ergebnis des durch Aufhebung der Immunität möglichen Ermittlungsverfahrens vorweggenommen. Das hätte den Medien eigentlich auffallen müssen.
Was bei der Verschwörungstheorie des besonders unabhängigen Sonderermittlers, es geht hier wirklich um eine Verschwörung, übersehen wird, ist der Enforcement Act von 1870. Auf Basis dieses Acts darf der Präsident im Falle eines Wahlbetrugs sogar die Armee einsetzen, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Ob ein solcher Wahlbetrug vorliegt, muss er selbstverständlich auch aufklären lassen können, denn andernfalls liefe dieser Act leer.