Im Vorfeld des Jahreswechsels konnte man ein erstaunliches Phänomen beobachten: Von Politikern, Medien, Kulturschaffenden und Verbänden wurde ein Böllerverbot gefordert und sogar die „Musterbetriebe“ ließen sich – wie früher – gleichschalten. Das Argument war, dass es bei Fehlbedienung zu Verletzungen kommen könne. Nun weiß jeder, dass es Böllern schon seit unvordenklicher Zeit gibt und jedes Jahr irgendwer den Darwin Award gewinnt. Es ist eine Tradition, bei der Gutmenschentum und Tugendstaat wegzuschauen haben. So war ich auch zunächst angenehm überrascht, dass dieses Jahr deutlich mehr geböllert wurde, als früher. Mein Eindruck war, dass sich die Menschen offenbar nicht von Risikominimierern den Spaß verderben lassen.

Dieser Eindruck war falsch.

Was ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte, war der Umstand, dass Böller als Waffe genutzt werden können, und von bestimmten Minderheiten in der Gesellschaft auch einmal pro Jahr als Waffe genutzt werden, zum einem um auf sich aufmerksam zu machen, zum anderen als Dominanzgeste. Letzteres ist z.B. aus Belgien von der letzten Fußball-WM bekannt.

Halte ich deshalb für richtig, dass Böllern künftig verboten wird? Nein! Die Mehrheit kann nicht dulden, dass ihr von Minderheiten vorgeschrieben wird, wie sie zu leben hat. Das Gegenteil wäre mit den Grundprinzipien der Demokratie nicht vereinbar. Auch künfig muss es der deutschen Bevölkerung erlaubt sein, ihre Neujahrstradition zu praktizieren. Missbrauch muss geahndet werden. Dass dies für Polizisten gefährlich sein kann, gehört zum Berufsrisiko.

Zum Abschluss noch ein BGH-Urteil zum Schadensersatz, sofern ein Gebäude durch Böller beschädigt wird. Im Originalfall hatte es jemand geschafft, mit einer Silvesterrakete durch einen winzigen Spalt hindurch eine Scheune zu treffen, die daraufhin abgebrannt ist. Geklagt hat die Gebäudeversicherung, die den Schaden reguliert hatte. Letztlich blieb sie jedoch auf dem Schaden sitzen, denn ein sog. nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gem. § 906 Abs. 2 analog BGB gegen den böllernden Nachbarn entsteht nur bei einer „grundstücksbezogenen“ Nutzung. Das mag vielleicht bei einem gewerblichen Jahrmarktsgelände der Fall sein, aber nicht bei einem privaten Neujahrsfeuerwerk. Denkbar ist allerdings eine Haftung wegen Eigentumsbeschädigung gem. § 823 Abs. 1 BGB. Bei einer vorsätzlichen Sachbeschädigung durch Sprengkörper sollte selbstverständlich Strafanzeige gestellt werden.

P.S.: Hier haben wir den konkreten Grund für diese Entwicklung: Neujahr ist für viele Neubürger eine Geburtstagsfeier.