Der Bundespräsident wirbt neuerdings für einen „Pflichtdienst„, den man im Sozialbereich, aber auch – rein zufällig – bei der Bundeswehr ableisten kann. Es ist wirklich unglaublich, welche Ausmaße das Framing mittlerweile erreicht hat. Um harmlos und verwässernd zu wirken, dreht man einfach das Regel-Ausnahme-Verhältnis um, und kommt so zwangslos zum „Pflichtdienst“. Was dabei offenkundig entfällt, ist die Gewissenprüfung. Dieser „Pflichtdienst“ verstößt auch nicht gegen das Grundgesetz, denn dort ist so etwas ausdrücklich erwähnt. Die Formulierung „für alle“ wird vom Bundesverfassungsgericht entsprechend interpretiert werden. Es wird ausreichen, wenn es alle Angehörigen einer bestimmten Altersgruppe mit deutscher Staatsangehörigkeit trifft.

Man kann auch schon erahnen, wie die Geschichte weitergehen wird: Influencer werden auf Twitch von ihren Erfahrungen im Pflichtdienst berichten. #meinsozialesjahr und #pflichtdienstmachtspass werden bei Twitter trenden. In den Seifenopern wird sich alles nur noch um junge Menschen drehen, die kurz davor stehen zum Pflichtdienst eingezogen zu werden. Die Krönung wird eine Geschichte sein, analog zum NS-Propagandafilm „Junge Adler„, wo ein renitenter junger Mann vor aller Augen scheitert und erkennt, dass er den falschen Weg beschritten hat, und sich zuletzt in das Kollektiv einordnen und aktiv einbringen. Es wird genau sein, wie früher, nur unter anderen Vorzeichen. Die Nachfolgeorganisation des Reichsarbeitsdienstes, der übrigens nach dem Krieg von den Alliierten verboten wurde, was ein winziges Problem darstellen könnte, wird ein gewaltiger Propagandaerfolg werden, auch im Kampf gegen Rechts, denn die ganzen antifaschistischen Jugendorganisationen, die heute staatstragend agieren, werden auch alle den Pflichtdienst ableisten. Der Übergang vom freitaglichen Schulschwänzen zur Dienstpflicht wird so reibungsfrei ablaufen, dass man meint, es sei Vaseline zum Einsatz gekommen.

Nachtrag (15.06.2022):