Gestern war der große Tag des Danksagens an die scheidende Kanzlerin. Nicht nur der nicht vom Volk gewählte Bundespräsident hat ihr im Namen „unseres Volkes“ gedankt, sondern auch ein ehemaliger US-Präsident, der gerne mal ihr Handy abhören ließ, wie man das „unter Freunden“ macht. Man ist zusammen durch Dick und Dünn gegangen, hat alle durch die USA ausgelösten Krisen gemanaged, hat zusammen gelacht und zusammen geweint.

 

 

Der beste Satz kommt am Schluss:

„I want to tank you for your friendship, your leadership, and most of all for your fidelity and the universal values that you embraced as a young girl in East Germany.“

Für diejenigen, denen man Russisch statt Englisch Russisch beigebracht hat, damit sie später die Anweisungen verstehen: „Embraced“ heißt „umarmen“.

Es gibt allerdings auch mehrdeutige „Danksagungen“, wie z.B. diese der Musikguppe K.I.Z., bei der man nicht so wirklich genau weiß, welche Passagen satirisch überhöht wurden. Was es mit absoluter Sicherheit nicht geben wird, ist eine Dankeskundgebung der einfachen Leute, also irgendwem, der nicht zum Kreis der „Ortskräfte“ gehört, die hier seit 72 Jahren pflichtbeweusst und fürstlich entlohnt ihren Dienst für die Demokratie aus der Retorte verrichten.

Mich erinnert gestrige Tag sonderbarerweise an eine Passage aus dem US-Märchenfilm „The Wizard of Oz„. Ich kann auch nicht sagen, woran das liegt. Es ist eine Assoziation aus dem Unterbewusstsein, die möglicherweise auch nur das widerspiegelt, was ich in den sozialen Medien – insbesondere seit 2015 – wahrgenommen habe. Dabei ist das natürlich eine denkbar unfaire Verkürzung, denn Bundeskanzler sind austauschbar, die Politik nicht. Jeder andere Bundeskanzler hätte genau dasselbe getan, weil es unüberwindbare Sachzwänge gibt. Lediglich die mediale Propaganda wäre anders gelaufen.