In Thüringen und Sachsen stehen Landtagswahlen an. Der gesamte Medienapparat fühlt sich offenbar in den 29. Januar 1933 zurückversetzt und warnt vor der Machtergreifung Ewiggestriger. Der gebrannte Ost-Wähler, der entweder vor den Trümmern seiner Existenz steht, oder zumindest kurz davor, fragt sich verzweifelt, was er tun kann, um seine Familie und sich vor der unvermeidbaren Zukunft zu retten. Soll er denen, die offenkundig dafür verantwortlich sind, noch eine dritte, vierte oder gar fünfte Chance geben, oder soll er Vabanque spielen und einen Pakt mit dem postmodernen Ersatzteufel schließen?

Ein Blick zurück: Als 1948 der Auftrag erging, zwei deutsche Staaten zu gründen, wurden in der BRD das Grundgesetz und in der DDR eine Verfassung verabschiedet, die bis auf ganz wenige Punkte inhaltsgleich waren. Das Ergebnis sah in der Praxis jedoch so unterschiedlich aus, wie es unterschiedlicher nicht sein kann. Die DDR knüpfte mit ihrem Slogan „Auferstanden aus Ruinen“ an den Untergang am 8. Mai 1945 an und übernahm den kompletten Verwaltungsaufbau des Dritten Reichs. Die Reichsbahn blieb die Reichsbahn, der Deutschlandsender blieb der Deutschlandsender, die HJ wurde zur FDJ und das Reichssicherheitshauptamt hieß fortan Ministerium für Staatssicherheit. Wenige Jahre später kam mit der Nationalen Volksarmee die ehemalige Wehrmacht hinzu. Die DDR führte damit das totalitäre Staatskonzept der Nazis weiter, lediglich unter einer anderen Ideologie. Statt Hitler hing ein Bild Otto Grotewohls an der Wand in den Verwaltungsstuben, wo fortan nicht mehr die „gefestigte nationalsozialistische Weltanschauung“ ausschlaggebend war, sondern der „gefestigte Klassenstandpunkt“ der Neu-Kommunisten. Dies erzeugte vereinzelt sogar das Missverständnis, die SED sei „rechts“ gewesen.

Die BRD hingegen ließ es in ihrer Narrative gar nicht erst zum Untergang kommen. Sie blendete die zwölf Jahre Nazi-Herrschaft einfach als „Zwischenfall“ aus und knüpfte direkt an die Weimarer Republik an. Die These war, dass die „erste Demokratie auf deutschen Boden“ nicht an Massenarbeitslosigkeit, Hyperinflation, Korruption und außenpolitischer Schwäche gescheitert sei, sondern an mangelnder Wehrhaftigkeit. Darin ist bereits ein kleiner Fingerzeig zu sehen, denn völlig egal wie miserabel es auch läuft, die sog. „unsere Demokratie“ – nicht zu verwechseln mit der Demokratie als Form der politischen Willensbildung – sollte sich künftig notfalls auch gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung behaupten können. Wie im Osten, gab es auch im Westen eine Kontinuität der Symbolik. Sogar an der Wiedereinführung der alten Polizeiuniformen, hat man festgehalten. In der Politik war die alte Garde übrigens auch wieder am Start. Was beide deutsche Staaten in fast schon ironischer Weise verband, war das Feindbild aus dem 2. Weltkrieg. Im Osten sah man die USA als Gegner, im Westen die Sowjetunion. 1989 waren die vereinbarten 40 Jahre abgelaufen, Moskau ließ die DDR fallen, und der Rest ist bekannt.

Was wird heute geschehen? Drei mögliche Szenarien springen dabei ins Auge:

  1. Die böse Partei erzielt die absolute Mehrheit
  2. Die böse Partei erzielt die einfache Mehrheit
  3. Aufgrund „hoher Wahlbeteiligung“ geschieht ein sog. „Wunder

Das erste Szenario dürfte wohl hochgradig unwahrscheinlich sein, denn es ist nur möglich, wenn gleich mehrere Parteien an der 5%-Hürde scheitern. Das zweite Szenario ist, sofern man den letzten Umfragen glauben darf, das wahrscheinlichste. Ein solcher Wahlausgang würde dazu führen, dass sich die restlichen Parteien über einen gemeinsamen Pakt zu einem „Demokratischen Block“ zusammenschließen. Damit hätte die CDU zwar endgültig ihr Gesicht verloren, jedoch zumindest „unsere Demokratie“ gerettet. Zudem hätte man vier Jahren Zeit, um die Meinung des Wähler wieder zu seinen Gunsten zu drehen. Das dritte Szenario wird zwar mit Sicherheit den Vorwurf der Wahlfälschung provozieren, ich bin mir jedoch bereits jetzt schon sicher, dass das nichts am Ergebnis ändern wird. Alles wird dann, wie immer, beim Alten bleiben. Alles wird sukzessive immer schlimmer, aber das läuft so schon seit 1993.

Nachtrag (02.09.2024): Im Zweifel unablösbar.