Erinnert sich noch irgendwer an die Piratenpartei? Die sind mal im Jahre 2006 in Anlehnung an das Vorbild aus Schweden als sog. „Ein-Themen-Partei“ gegen das Urheberrecht gestartet und haben seither eine scheinbar ungewöhnliche Entwicklung durchlaufen. Der folgende Tweet bringt es zum Ausdruck:

Dies erinnert stark an den sog. „Entrismus„, eine trotzkistische Methode zur Einflussgewinnung. Insbesondere junge politische Parteien können auf diese Weise relativ leicht übernommen und umgedreht werden. § 10 PartG bietet insoweit nur rudimentären Schutz, wenn überhaupt, denn wer beigetreten ist, merkt man erst, wenn es zu spät ist. In der Bundesrepublik sind eine ganze Reihe von Entwicklungen beobachten, die auf Entrismus hindeuten:

1. Die Naumann-Affäre
Im Jahre 1952/53 versuchte eine Gruppe von Alt-Nazis die FDP in NRW zu unterwandern. Dies haben die Briten durch den MI6 erfahren und an den Verfassungsschutz gemeldet, der jedoch nichts unternehmen wollte, obwohl mit Dr. Otto John ein ehemaliger MI6-Agent an seiner Spitze stand. Daraufhin nahmen die Briten die Sache selbst in die Hand und verhafteten die vermeintlichen Entristen.

2. Die Jungtürken in der FDP
Im Jahre 1956 stürzte eine Gruppe von FDP-Politikern um Walter Scheel die CDU-FDP-Landesregierung und ging eine Koalition mit der SPD ein. Das war der Beginn der überraschenden Wandlung der FDP von der nationalliberalen Partei, die sie unter dem Ritterkreuzträger Erich Mende war, zum künftigen linksliberalen Koalitionspartner und Steigbürgelhalter der SPD, die damals in nationalliberalen Kreisen noch als Inbegriff des Feindes schlechthin galt.

3. Der Fall Adolf von Thadden
Im Jahre 1967 trat der Bundesvorsitzende der NPD, übrigens ein ehemaliger CDU-Politiker, von seinem Amt zurück. Der Grund waren zunehmende Spannungen, insbesondere mit dem Landesvorsitzenden in Niedersachsen, Adolf von Thadden. Sie leiteten gegenseitig Parteiausschlussverfahren ein. Adolf von Thadden setzte sich durch und verabschiedete ein rechtsradikales Parteiprogramm. Im Jahre 2002 wurde er als britischer MI6-Agent enttarnt.

4. Die Republikaner
Diese konservative Partei gründete sich ursprünglich als Abspaltung der CSU. Von Anfang an dabei war auch Franz Schönhuber, mit dem es in der Folge zu Richtungskämpfen kam. Er übernahm die Partei im Jahre 1985 und verabschiedete (Deja Vu?) ein rechtes Manifest. Fun Fact: 2015 veröffentlichte der Focus einen Artikel, in dem die Rede davon ist, dass ein verdeckter Ermittler des LKA angeblich Neonazis bei den Republikanern einschleusen wollte.

5. Die „böse Protestpartei“
Die „böse Protestpartei“ gründete sich im Jahre 2013 in libertären Kreisen, die ein Problem mit dem Euro hatten. Nach anfänglichen Erfolgen wurde der als gemäßigt geltende Vorsitzende, ein Wirtschaftswissenschaftler, überraschend aus dem Amt gedrängt. Es kam zu einem radikalen Kurswechsel, und wenig überraschend wurde natürlich auch ein rechtes Manifest beschlossen, die „Erfurter Resolution„. Die Hauptakteure sind rein zufällig, oder auch nicht, die meisterwähnten Personen im Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz.

6. Die GRÜNEN und die LINKE
Das Phänomen der auffällig auffällig agierenden Parteimitglieder ist nicht auf rechte Parteien beschränkt. Auch die GRÜNEN und die den LINKEN können sich insoweit sicherlich nicht über mangelnden Zuspruch von linkslinken Aktivisten, Spinnern, Volltrotteln und offenkundigen Provokateuren beschweren.

Einzig die Nachfolgeparteien der ehemaligen „Weimarer Koalition“ scheinen von Unterwanderung und feindlicher Übernahme verschont geblieben zu sein, obwohl man sich bei der CDU, dem ehemaligen Zentrum, nicht ganz so sicher sein kann. Die Rede ist von einer inhaltlichen Entkernung. Ich halte diese These für unzutreffend. Meiner Ansicht nach hat die CDU, seit ihrer Gründung im Jahre 1945, zwar eine konservative Partei simuliert, aber in Wirklichkeit den Umbau der Gesellschaft vorangetrieben, lediglich etwas sanfter als die SPD. Das ist im Übrigen auch der Grund für die konservativen Abspaltungen.

 

Nachtrag (26.04.2023): Ein wunderschönes Beispiel, wie man sich mit Anlauf ins eigene Knie schießen kann, lieferte die „böse Protestpartei“. Dort hat man nämlich bei seinem Jugendverband einen stramm wirkenden jungen Mann zum Bundesvorsitzenden gewählt, den der MAD zuvor als Extremisten eingeordnet hatte. Der stramm wirkende junge Mann hatte in seiner neuen Funktion offenbar nichts besseres zu tun, als einem „umstrittenen“ Verein, der auch als Beobachtungsobjekt eingestuft war, ein sehr ausführliches Interview zu geben, das man auf Youtube finden kann. Eine Verlinkung erspare ich mir aus naheliegenden Gründen. Wenig überraschend wurde dieser Jugendverband vom BfV als gesichert extremistisch eingestuft. Das sah keiner kommen?