Bekanntlich hat der türkische Präsident sein Veto gegen den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands angekündigt. Zuvor hatte der ungarische Präsident sein Veto gegen EU-Sanktionen angekündigt. Davor hatten die „sparsamen Vier“ ihr Veto gegen die EU-Schuldenunion angekündigt. Bekanntlich hat man ihnen letztlich Rabatte eingeräumt. Deutschland konnte leider keinen Rabatt bekommen, denn es gibt bekanntlich keine deutschen Alleingänge, allenfalls wenn man sich freiwillig selbst ins Knie schießt, denn das geht natürlich immer und wird auch selbstredend von der Konkurrenz begrüßt.

Damit wäre eigentlich schon alles gesagt, denn diese Beispiele zeigen, wie man eine Blockadeposition ausnutzt, nämlich zur Epressung. Das ist auch der Grund, warum es solche Blockadepositionen gibt. Einstimmigkeitserfordernisse schaffen Erpressungskonstellationen. Das wusste man und das wollte man auch, weil man sicherstellen wollte, dass eben nichts über den eigenen Kopf hinweg geschehen kann. So war dann auch der Vertrag von Maastricht der Sargnagel für das wiedervereinigte Deutschland, denn damit fiel in fast allen Bereichen das Einstimmigkeitserfordernis weg. Wenig überraschend war das eine Kernforderung unserer französischen Freunde und Partner, mit der endlich wieder Versailler Verhältnisse geschaffen wurden.

Dass die Bundesregierung Alleingänge scheut, wie der Teufel das Weihwasser, liegt übrigens am sog. „Rapallo-Komplex“. Im Jahre 1922 hatte die Reichsregierung, an den Siegermächten des Ersten Weltkriegs vorbei, mit dem Vertrag von Rapallo wirtschaftliche Beziehungen mit der Sowjetunion aufgenommen, und zwar relativ zeitnah zum Polnisch-Sowjetischen Krieg. Dies führte im Ausland, insbesondere bei unseren Freunden und Partnern in Frankreich, zu einem Vertrauensverlust. Das darf natürlich niemals wieder vorkommen. Allein der Gedanke, dass eine Bundesregierung jemals wieder nationalen Interessen Vorrang vor den Interessen unserer Freunde und Partner geben könnte, ist ein Schreckensszenario. Keine Alleingänge, heißt keine Widerstände. Das ist nichts anderes als die Rolle eines Dieners.

Alles, was in Deutschland geschieht, die Ohnmacht, die Selbsbeschränkung, das devote Bücklingsgehabe, das Verschenken von Steuergeld ins Ausland, die systematische Sabotage der Bundeswehr, die Sabotage der Energieversorgung, all das hängt direkt damit zusammen. Wir sind die „Deppen der Welt„.

 

Nachtrag: Es gibt auch ein aktuelles Video von Sahra Wagenknecht zu den Folgen der devoten deutschen Außenpolitik. Das Problem dabei ist jedoch, dass es lediglich eine Diagnose darstellt. Weil sie eine Oppositionspolitikerin ist, impliziert sie damit, dass es dafür auch eine Therapie gäbe. Man müsse lediglich ihre Partei wählen, und alles würde besser. Das sagt sie zwar nicht, aber das soll vom Zuschauer ergänzt werden. Andernfalls könnte sie sich diese Videos sparen. Nach zwei verlorenen Weltkriegen sollte jedoch klar sein, dass es keine Therapie gibt. Das musste bereits ihr Ehemann feststellen, dem man nach seinem Antrittsbesuch in Washington im Jahre 1998, damals noch in der Rolle des Finanzministers, angeraten hatte, das Maul zu halten.

Update (30.06.2022): Der Kommentator von der ZEIT übersieht, dass die aufgezählten Akteure auch einfach nur zu ihrem eigenen Vorteil handeln können. Ein unflexibles System, das zwanghaft doppelte Standards durchsetzen muss, koste es was es wolle, muss einfach zur Kasse gebeten werden.