Wir erinnern uns zurück ins Jahr 2020: Ein Friseurunternehmer wird zum Ministerpräsident Thüringens gewählt. Das wäre für sich genommen noch kein Skandal. Dieser lag vielmehr darin, wer ihn gewählt hatte. Es war unter anderen eine Partei, die weder 1945 von den Alliierten lizensiert worden war, noch dem „demokratischen Block“ angehörte. Das ging natürlich gar nicht, deshalb musste die Wahl rückgängig gemacht werden. Auf den Gewählten wurde Druck ausgeübt, was allerdings nicht den der Tatbestand der Nötigung von Verfassungsorganen erfüllte, denn § 105 StGB ist seit 1968 so modifiziert, dass seither qualifizierte Nötigungsmittel erforderlich sind. Mit Gewalt wurde der Ministerpräsident zwar auch bedroht, aber nur anonym. Natürlich wurde der Thüringenschlag für verfassungswidrig erklärt, aber wen interessiert das schon? Wurde der FDP-Friseurunternehmer wieder in sein Amt eingesetzt? Nein.
Was dann folgte, war die Ankündigung vorzeitiger Neuwahlen für den September 2021. Gab es diese? Nein, natürlich auch nicht. Die Absage könnte sich jedoch in der Rückschau als grober Fehler erweisen. Zwar wurde auf Kosten der eigenen Glaubwürdigkeit mehr Zeit für Propaganda und COINTELPRO gegen Oppositionspolitiker gewonnen, aber die Verärgerung, die zwischenzeitlich durch Ampel angerichtet wurde, dürfte diese Vorteile weit überwiegen.
Überraschend und aus heiterem Himmel gab es nun vor wenigen Tagen einen weiteren Skandal: CDU und FDP haben mit Stimmen der Unberührbaren die Regierungskoalition überstimmt. Eigentlich ein völlig normaler parlamentarischer Vorgang, wenn damit nicht eine ungeschriebene Regel gebrochen worden wäre, nicht mit den Besiegten zusammenzuarbeiten. Dass dadurch das Recht auf Ausübung einer parlamentarischen Opposition beschränkt wird, interessiert natürlich keinen wahren Demokraten. Sollte das Bundesverfassungsgericht hinterher die Verfassungswidrigkeit feststellen, ist das auch egal. Solche Feststellungsurteile können sich die Kläger bekanntlich einrahmen und an die Wand hängen, denn sie haben keinerlei praktische Konsequenzen.
Ich glaube allerdings, dass hinter der Aktion ein politisches Kalkül steckt. Man will dem Wähler signalisieren, das Vertrauen in die CDU nicht aufzugeben. Deshalb gibt man sich ausnahmsweise einsichtig, insbesondere bei einem Punkt, der keine grundlegende Bedeutung hat. Wer profitiert von der Senkung der Grunderwerbssteuer? Schon mal nicht die breite Masse der Bevölkerung. Es sind die Immobilienkäufer, die sanierungspflichtigen Eigenheimbesitzern – im Tausch gegen bemaltes Papier, das man beliebig weginflationieren kann – ihren ohnehin unterbelegten Wohnraum abnehmen. Durch die Senkung der Grunderwerbssteuer wird das postmoderne Bauernlegen – genauer: Abmeiern – faktisch subventioniert. Man unterstützt mittelbar die Ziele der Ampel.