Heute ist ein Jubiläum ganz besonderer Art, das sogar mit einem Festakt begangen wird. Vor 60 Jahren wurde das Anwerbeabkommen mit der Türkei geschlossen, das damals übrigens noch die Rückkehr der Angeworbenen vorsah. Wie wir heute wissen, hatte diese Entscheidung für die gesellschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland weitrechende Bedeutung. Der Schritt von der vorübergehenden Gastrecht zum endgültigen Bleiberecht war dann nur noch ein kleiner. Dass er 1973 vom SPD-Bundeskanzler Willy Brandt alias Herbert Frahm alias „Polarforscher“ gemacht wurde, dürfte auch Parteikalkül gewesen sein. Brandt wusste, dass Kennedy die Wahl in den USA durch Minderheiten gewonnen hatte. Minderheiten kann man ansiedeln. Brüssel hat am 20. Dezember 1976 noch eins draufgesetzt. Kohls Versuch, in Großbritannien für eine Reduzierung um 50% zu werben, war natürlich naiv.

Wenn wir die überschwängliche Freude einmal ausblenden, die uns heute im Rückdenken an diesen wundervollen Moment erfüllt, dann müssen wir uns jedoch vor Augen führen, dass der Abschluss des Anwerbeabkommens alles andere als freiwillig war. Eigentlich war man dagegen, aber die USA wollten es so. Da die Bundesrepublik außenpolitisch keinerlei Souveränität besaß, musste man tun, was der Hegemon vorschrieb. Der deutsche Außenminister Heinrich von Brentano erklärte noch am selben Tag seinen Rücktritt. Der sah in der Entwicklung offenbar keinen Grund zum Feiern. Er lag natürlich falsch.

Hübsch ist übrigens auch, wie die damalige Medienpropaganda bereits im Vorfeld eingespannt wurde, um die Bevölkerung einzustimmen. Bereits im März 1961 sang die Amerikanerin Connie Francis im Fernsehen „Schöner fremder Mann„, und die Deutschen vor ihren Volksempfängern Bildschirmen sangen mit. Das war nichts im Vergleich zu dem absoluten Knaller, den die ARD am 09. Juni 1972 bei Min. 18:23 in der Serie „Kleinstadtbahnhof“ rausgehauen hat. Schon damals wurden die Unterhaltungsmedien zur „Erwachsenenbildung“ missbraucht, und schon damals wurden die üblichen Totschlagargumente eingesetzt, um den Widerstand in der Bevölkerung zu diskreditieren. Das hat sich seit den Direktiven des Alliierten Kontrollrates auch niemals geändert.

 

 

Nachtrag: Natürlich müssen wir dankbar sein, denn wo wären wir heute ohne das Anwerbeabkommen. Deutschland läge immer noch in Schutt und Asche. Dank ihnen konnten sich die sog. „Trümmerfrauen“ endlich wieder wichtigen Aufgaben widmen, wie z.B. der Herstellung eines Dr. Oetker Vanillepuddings.